Der Bundeskanzler will neben klassischer Entwicklungshilfe vermehrt auf wirtschaftliche Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern setzen. Die österreichischen Afrika-Exporte entsprechen derzeit nur in etwa jenen nach Schweden.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat zu Beginn des EU-Afrika-Forum am Dienstag in Wien deutlich mehr europäische Investitionen in Afrika gefordert. "Wir dürfen den afrikanischen Kontinent nicht den Chinesen überlassen", sagte Kurz vor Beginn der Beratungen mit afrikanischen und europäischen Spitzenpolitikern sowie zahlreichen Unternehmern im Wiener Austria Center.
Das EU-Afrika-Forum solle "ein Stück weit einen Paradigmenwechsel darstellen", damit neben der klassischen Entwicklungshilfe auch vermehrt auf wirtschaftliche Zusammenarbeit und Investitionen gesetzt werde, sagte Kurz. Die EU sei der größte Geber weltweit, was die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) betreffe, denn sie leiste mehr als 50 Prozent der weltweiten EZA.
"Aber, was die Investitionen betrifft, gibt es Luft nach oben", so Kurz, der die Veranstaltung gemeinsam mit dem derzeitigen Vorsitzenden der Afrikanischen Union (AU) und Präsident Ruandas, Paul Kagame, leitet. Es brauche Gewinne auf beiden Seiten, meinte der: "Afrika gewinnt, Europa gewinnt und zusammen profitieren wir alle".
Ähnlich äußerte sich EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: Bisher sei die "Geber-Nehmer-Beziehung" vorherrschend gewesen. Nun aber müsse es um eine "partnerschaftliche Gleichberechtigung" beider Kontinente gehen. Auf die Frage, ob die EU im Vergleich zu China nicht zu spät komme, meinte Juncker: "Ja, aber wir machen es besser."
Mahrer: "Richtiger Hoffnungsmarkt"
Angesichts des starken Bevölkerungswachstums in Afrika - bis 2050 werden mehr als zwei Milliarden Menschen auf dem Kontinent leben - bestehe der Bedarf nach einem starken Wirtschaftswachstum, so Kurz. Investitionen würden Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen.
Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer bezeichnete Afrika als "richtigen Hoffnungsmarkt". Im Rahmen des Forums gebe es die Möglichkeit zur Vernetzung von rund 1.000 Unternehmen aus beiden Kontinenten. Die österreichischen Afrika-Exporte haben sich seit 1995 laut WKÖ zwar beinahe verdoppelt, entsprechen mit rund 1,7 Milliarden Euro vom Volumen her aber nur in etwa jenen nach Schweden. Der Anteil der Afrika-Exporte an den österreichischen Gesamtexporten liegt bei rund 1,2 Prozent.
Auch Bildungsminister Heinz-Faßmann will ein Stück vom Kuchen abschneiden und die Wissenschaftskooperation zwischen Universitäten in Österreich und Afrika stärken. Dazu sollen mehr Mittel als bisher bereitgestellt und ein Netzwerk österreichischer und afrikanischer Universitäten und Forschungseinrichtungen aufgebaut werden. Zugleich soll der ganze Bereich Entwicklungsforschung auf neue Beine gestellt werden.
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"Wunsch, dass es nicht nur um Migration geht"
Offiziell steht das Thema Flucht und Migration nicht auf der Tagesordnung des Forums, auch wenn das Forum im Sommer ursprünglich zu dem Thema bzw. als "Hilfe-vor-Ort-Gipfel" - zur Bekämpfung von Fluchtursachen - angekündigt worden war. Es gebe vonseiten afrikanischer Politiker "den Wunsch, dass, wenn wir mit ihnen reden, dass es nicht nur um Migration geht" und "wir nicht nur versuchen sie zu erziehen" und ihnen zu sagen was sie zu tun hätten, sondern es einen "Dialog auf Augenhöhe" gebe, meinte Kurz dazu.
In ihrer Afrika-Politik brachte die EU in den vergangenen Monaten das Thema allerdings immer wieder auf das Tapet - sei es durch Migrationspartnerschaften, "Ausschiffungsplattformen" oder den Afrika-Treuhandfonds, über den unter anderem die Ausbildung der libyschen Küstenwache finanziert wird.
Bei den Oppositionsparteien sorgte das Forum deshalb für Kritik. Es handle sich nur um eine "Inszenierung", waren sich SPÖ und die Liste Jetzt (vormals Liste Pilz) einig. Die Neos sahen in der Veranstaltung eine für die Neos ist sie eine „Karrieremesse mit Showcharakter“.
(APA/red.)