Der „Spiegel“-Betrüger und lügensüchtige Literaten


Verdacht auf Pseudologia fantastica: Was den Reportagenfälscher Claas Relotius mit Schriftstellern wie Joseph Roth und Karl May verbindet.

Pseudologia phantastica nannte der Psychiater Anton Delbrück 1891 das außergewöhnliche Verlangen, Geschichten zu erfinden und diese als Realität auszugeben. Letzteres ist hier entscheidend: Nur wenn der besessene Geschichtenerzähler nicht zwischen Realität und Erfindung unterscheidet (vor anderen nicht und manchmal nicht vor sich selbst), wird er zum Betrüger, Hochstapler – oder zum Kranken. Die Diagnose: Pseudologie, gern auch Münchhausen-Syndrom genannt.

Krank, betrügerisch oder beides – das ist der Journalist Claas Relotius jedenfalls, der jahrelang für den „Spiegel“ preisgekrönte Reportagen schrieb, die zu großen Teilen erfunden waren. Vielleicht ist an ihm ein guter Schriftsteller verloren gegangen. Von solchen gibt es in der Literaturgeschichte einige, deren Kreativität davon profitierte, dass sie die Grenze zwischen Realität und Erfindung nicht ziehen wollten – oder konnten.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

´Der Spiegel´ versucht nun, die Causa aufzuarbeiten.
Medien

"Spiegel": Wie Relotius sogar seine Verteidigung fälschte

Als es schon schwere Anschuldigungen gegen ihn gab, brachte Claas Relotius Mails von Fotografen und Interviewpartnern, die seine Geschichte belegten.
Relotius mit dem Ulrich-Wickert-Preis - die Jury reagierte schnell und erkannte ihn schon gestern ab.
Medien

"Spiegel"-Betrug: Wie Relotius eine Stadt gegen sich aufbrachte

Während sich der "Spiegel" noch allerhand Fragen stellt, zeigt eine Replik auf einen seiner Texte, wie der nun geschmähte Claas Relotius vorging.
Relotius bei einer Ehrung im September.
Medien

„Viele Fragen an uns selbst“

„Spiegel“-Affäre. Das deutsche Magazin arbeitet den internen Betrug öffentlich auf. Journalist Claas Relotius gibt vier seiner Preise zurück.
Der Spiegel Verlag in Hamburg publishing house in Hamburg *** The Spiegel publishing house in Ham
Medien

„Spiegel“-Redakteur: „Wenn gesungen wurde, war das ausgedacht“

Ein Redakteur des „Spiegel“ hat jahrelang seine eigenen Geschichten zum Teil erfunden, wie das Magazin nun öffentlich gemacht hat. Eine verheerende Nachricht – für das Wochenmagazin und für die gesamte Medienbranche.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.