Als es schon schwere Anschuldigungen gegen ihn gab, brachte Claas Relotius Mails von Fotografen und Interviewpartnern, die seine Geschichte belegten.
Der Fall Claas Relotius beschäftigt die Medienwelt weiter. Mangelnde Kontrolle und schlechte Arbeitsbedingungen im Journalismus sind Thema, aber ebenso Kritik an den Methoden (vor allem das in den vergangenen Jahren immer populärere "Storytelling") und die Sucht nach Anerkennung. Manche sehen durch den Betrug eine Krise des Journalismus allgemein belegt.
Was sich aber jeden Tag ein wenig mehr zeigt, ist, wie geschickt der "Spiegel"-Journalist agierte. Davon berichtet der Mann, der den Betrug aufdeckte: Juan Moreno erzählte der "Süddeutschen Zeitung", wie weit Relotius auch in der Vertuschung ging. Weil Moreno ihn gegenüber der "Spiegel"-Leitung schwer belastete, legte er E-Mails vor, die seine Version der Geschichte stützten. E-Mails von Fotografen. E-Mails von den Protagonisten seiner Geschichte, die belegen sollten, dass es Treffen gab.
»"Das fällt alles wunderbar zusammen in seinen Geschichten, die haben etwas Tröstendes. Es ist totaler Zeitgeist. Die Reportage hat sich in den letzten Jahren massiv Richtung Kurzgeschichte, Richtung Literatur entwickelt."«
Juan Moreno über die Relotius-Reportagen
Relotius verfasste eine brilliante Erwiderung zu den Vorwürfen. Freilich waren die Mails und Belege einfach gefälscht. Im "Spiegel" wurden Morenos Vorwürfe abgetan: Relotius' Reportage erschien, ohne dass Morenos Warnungen berücksichtigt wurden. Der 46-jährige Moreno, der seit knapp zwölf Jahren beim Spiegel arbeitet, brachte sich selbst damit in die Bredouille. Er ist Pauschalist mit einem Vertrag, der jedes Jahr automatisch ausläuft. Dass ihm schließlich doch Glauben geschenkt wurde, erfuhr Moreno durch eine knappe Nachricht von Ullrich Fichtner, einem der Chefredakteure: "Das System Claas R. bricht zusammen."
(rovi)