„Stille Nacht“: Museen, Zeugnisse, die originalen Orte

Historisches Manuskript von "Stille Nacht".
Historisches Manuskript von "Stille Nacht". (c) Kathrin Gollackner (Kathrin Gollackner)
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„Stille Nacht, Heilige Nacht“ feiert vielerorts 200 Jahre.

Zwar gibt es nur wenige greifbare Ausstellungsstücke, die die beiden Schöpfer von „Stille Nacht, Heilige Nacht“ hinterlassen haben, aber ihrer Spur lässt sich verbrieft folgen: Das Salzburg-Museum dokumentiert die Geschichte Franz Xaver Grubers und Joseph Mohrs, die damalige Zeit und die Wirkung des Liedes. Bizarre Weihnachtsbaumanhänger in Fliegerbombenform und mit Nazi-Parolen sind zu sehen, man erfährt von vielen Tonaufnahmen und Filmen, die zu diesem Thema gedreht worden sind. Der erste übrigens 1910. Sehr berührend ist die Geschichte des Weihnachtsabends in den Schützengräben im Ersten Weltkrieg: Deutsche und Engländer lagen in Flandern im Schussgefecht gegenüber, doch im Waffenstillstand fing plötzlich ein Soldat an, „Stille Nacht“ zu singen, die Feinde stimmten ein, man kroch aus den Gräben, traf sich im Niemandsland und schloss für eine Nacht Frieden. Bis tags darauf die Offiziere wieder Schießbefehl gaben.

Eine andere der vielen Stationen ist Arnsdorf, wo die Schule steht, in der Gruber unterrichtete, mit seiner Familie lebte und vermutlich die Melodie komponierte und wo heute zwei Klassen in vier Schulstufen unterrichtet werden – die älteste aktive Schule Österreichs. Die Gruber-Orgel ist in der Kirche Maria im Mösl, 1000 Jahre Wallfahrtsort, zu sehen. Eine Stunde Fußweg entfernt (Gruber-Mohr-Weg) liegt Oberndorf mit pittoreskem Blick auf die Salzach-Schleife bei Laufen. Hier findet man eines der Stille-Nacht-Museen und vor allem die Kapelle, in der der Erstaufführung gedacht wird und in dessen Gemäuer der Schädel Joseph Mohrs bestattet wurde. Natürlich darf man Mariapfarr nicht vergessen, wo Mohrs Vater geboren worden war, wo Joseph seine erste Stelle nach seiner Priesterweihe antrat und den Liedtext verfasste. Dass 1816 sein Großvater im Armenhaus dort starb, inspirierte ihn vielleicht zu dem ursprünglichen Gedicht. Auch hier gibt es ein kleines Museum – zur „Suche nach Frieden“. Mit etwas Glück trifft man auf Pfarrer Bernhard Rohrmoser, der durch die Kirche führt und meint, Mohr wurde vom Altarbild zum „holden Knaben mit lockigem Haar“ inspiriert. Wie Rohrmoser heute noch von Gruber inspirieren werde.

Nächste Station: Wagrain, die längste und letzte Wirkungsstätte Mohrs, wo er begraben liegt und wo er im Pflegerschlössl, das als interaktives Stille-Nacht-Museum gestaltet wurde, ein wunderschönes Denkmal erhielt. Mohr hat den Siegeszug des Liedes nicht mehr erlebt, starb 1848 und hat ein Dokument hinterlassen, in dem explizit Gruber als Komponist niedergeschrieben ist, was immer wieder angezweifelt wird. Dieses und weitere zwei Autografen zeigt man in Hallein, wo im Stille-Nacht-Museum die „Authentische Veranlassung“ und die Originalgitarre zu sehen sind. Letztere erhielt Grubers Enkel (der im Film „Das unendliche Lied“ von 1936 seinen Großvater darstellte) zur Hochzeit als Geschenk, gab sie aber mitsamt dem Nachlass an die Stadt. Die Gitarre wurde im Zweiten Weltkrieg im Salzbergwerk Dürrnberg gelagert, 1952 wieder der Öffentlichkeit präsentiert und reiste in die USA, nach Kanada sowie Berlin.

Weitere Stationen: Hinterseeim Flachgau mit Gedenkstätte, Gedächtniskapelle und Themenweg. Und Hochburg-Ach im Innviertel mit schönem Blick über die Salzach nach Burghausen (längste Burg der Welt) und einem uralten Bauernhaus, das zeigt, wie Gruber, der hier geboren ist, aufgewachsen sein mag. In Fügen im Zillertal, im Barockschloss, wird der Weg des Liedes gezeigt – bis zu seiner weltweiten Berühmtheit. Vom Zillertaler Orgelbauer, der es nach Tirol brachte, über die Vorstellung vor Kaiser Franz I. und Zar Alexander I. und die Suche nach der Herkunft, die 1854 durch die „Authentische Veranlassung zur Composition des Weihnachtsliedes ,Stille Nacht, Heilige Nacht!‘“ geklärt wurde. Eine ganze Reihe Zufälle, ohne die das Gedenkjahr 2018 nie hätte stattfinden können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2018)

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