Soziale und kirchliche Organisationen stehen für Nächstenliebe, Unterstützung, das Gute. In den anstehenden Lohnverhandlungen müssen sie gegenüber der Gewerkschaft als strenge Verhandler auftreten. Droht hier der nächste Streik?
Pfleger und Betreuer mögen ihren Beruf. Das sagen Umfragen, und das sagen die Verantwortlichen in den Organisationen. Die Gründe liegen auf der Hand: Sie stehen im direkten Kontakt mit den Menschen, die sie betreuen. Sie bekommen sofort eine Rückmeldung auf das, was sie tun – oft sei sie positiv. Sie müssen sich nicht fragen, wozu sie arbeiten gehen – dass ihre Arbeit nützlich ist, versteht sich von selbst. „Man bekommt oft ein Danke“, sagt Michaela Guglberger, die bei der Gewerkschaft Vida für den privaten Gesundheits- und Sozialbereich zuständig ist. „Die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Arbeit stellt sich in der Pflege niemand“, sagt Walter Marschitz, der die Arbeitgeber der Branche vertritt. In diesem Punkt ist man sich einig.
In vielen anderen nicht. Ab 16. Jänner sitzen sich die beiden im Verhandlungssaal gegenüber: Die Sozialwirtschaft Österreich verhandelt ihren Kollektivvertrag neu. Die Forderungen sind schon übergeben, und sie haben es in sich: Die Gewerkschaft verlangt für die mehr als 100.000 Beschäftigten im privaten Gesundheits- und Sozialbereich eine Lohnerhöhung von sechs Prozent. Das hatten sich nicht einmal die Metaller mit ihren sprudelnden Gewinnen getraut. Außerdem will die Gewerkschaft eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich durchsetzen. Das sitzt. Und hat durchaus Potenzial für ernsthafte Konflikte: Die vergangenen Verhandlungen spitzten sich bis zum Warnstreik zu. Heuer will das noch niemand prognostizieren, um die Stimmung nicht unnötig aufzuheizen. Aber Branchenvertreter sagen offen, dass die Ausgangslage für die Lohnrunde „sehr schwierig“ sei.