Frank Sieren: "Europa wird zu einem Freizeitpark für Chinesen"

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Die 500-jährige Vorherrschaft des Westens geht zu Ende, argumentiert der langjährige China-Korrespondent des "Handelsblatt". Europa habe den Aufstieg Chinas konsequent unterschätzt - das könnte die europäischen Staaten teuer zu stehen kommen.

Die Presse: Sie schreiben in Ihrem neuen Buch „Zukunft? China?“, dass der Aufstieg der Volksrepublik zur neuen Weltmacht nicht zu verhindern sei. Wann haben Sie das erkannt?

Frank Sieren: Seitdem sich China vom Nachbauen und Nachahmen verabschiedet hat und eigene neue Technologien entwickelt. Inzwischen siedeln Spezialisten aus dem kalifornischen Silicon Valley nach Südchina um. Zugespitzt formuliert wandert der American Dream langsam nach China. Die globale Machtbalance verändert sich zu Gunsten Chinas. Früher hatten wir im Westen die Technologie und die Chinesen den Markt. Inzwischen haben sie immer mehr eigene Technologie und den großen Markt.

Die rund 500 Jahre Vorherrschaft des Westens, einer Minderheit über die Mehrheit der Welt, gehen langsam aber sicher zu Ende. Dabei geht es nicht nur um Technologie, sondern auch um Werte. Nur, wer technologisch vorne ist, hat die Macht, seine Werte zu etablieren. Europa hat leider inzwischen nur noch so viel Einfluss wie die FDP im deutschen Bundestag. Stellt sie sich ungeschickt an, spielt sie keine Rolle. Handelt sie klug, kann sie das Zünglein an der Waage sein.

Der Technologiekampf spielt im Handelskonflikt zwischen den USA und China eine große Rolle. Ist der Konfrontationskurs von US-Präsident Donald Trump der richtige Weg?

Europa muss dringend zusammenhalten und eine gemeinsame Strategie entwickeln. Die Nationalstaaten sind jedoch so mit sich beschäftigt, dass sie den neuen Wettbewerber gar nicht wahrnehmen. Wir müssen uns heute viel mehr als früher fragen, wo wir technologisch führend sein können, sein müssen. Wir diskutieren zum Beispiel: Wollen wir autonomes Fahren? In China wird es einfach eingeführt. Wir können uns mit der Entwicklung neuer Technologien eben nicht mehr unendlich Zeit lassen. Wir müssen schneller auf die großen Herausforderungen aus China reagieren.

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