Deutsche Regierung widerspricht Junckers Frontex-Kritik

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Größer als das Personalproblem bei der EU-Grenzschutzagentur sei der Mangel an Befungnissen, sagt der deutsche Innen-Staatssekretär. Scharfe Kritik für sein Interview erntet der EU-Kommissionspräsident auch aus Ungarn.

Die deutsche Bundesregierung hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker widersprochen, der den EU-Mitgliedstaaten beim Kampf gegen die illegale Einwanderung "himmelschreiende Heuchelei" vorgeworfen hatte. "Größer als das Personalproblem von Frontex ist der Mangel an Befugnissen", sagte der parlamentarische Innen-Staatssekretär Günter Krings (CDU) der "Rheinischen Post" von Montag.

Ein schneller und deutlicher Personalaufwuchs sei aus deutscher Sicht natürlich machbar und wünschenswert, habe aber nur Sinn, wenn die zu Frontex abgeordneten Beamten "nicht nur Strichlisten führen, sondern auch echte grenzpolizeiliche Befugnisse erhalten", sagte Krings. Dafür setze sich Deutschland ein. Es sei deshalb "umso ärgerlicher, dass der Kommissionspräsident an dieser eigentlichen Aufgabe zielsicher vorbeiläuft", fügte Krings hinzu.

Juncker hatte in der "Welt am Sonntag" kritisiert, mehr als zwei Jahre lang hätten die EU-Staats- und Regierungschef einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen gefordert. Nachdem die EU-Kommission vorgeschlagen habe, die Zahl der europäischen Grenzschutzbeamten bis Ende 2020 auf 10.000 zu erhöhen, kämen nun "plötzlich von vielen Seiten Bedenken". "Das ist doch eine himmelschreiende Heuchelei", kritisierte der Kommissionspräsident.

Juncker forderte Ausschluss von Orbans Partei aus EVP

Die EU-Innenminister hatten die Pläne der EU-Kommission für einen Ausbau der EU-Grenz- und Küstenschutzbehörde Frontex bei einem Treffen Anfang Dezember um mehrere Jahre verschoben. Statt 2020 schlug Österreichs Innenminister Herbert Kickl 2027 als Zieldatum vor und schloss auch deutlich weniger Grenzschützer nicht aus. Auch die deutsche Bundesregierung stellte sich gegen die ambitionierten Grenzschutzpläne aus Brüssel.

Eine scharfe Rüge für sein Interview erntete Juncker auch aus Ungarn. Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto konterte Kritik an der rechtskonservativen Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban. Juncker hatte sich in einem Interview der "Welt am Sonntag" für den Ausschluss der Fidesz-Partei aus der konservativen Parteienfamilie EVP ausgesprochen, weil diese nicht mehr auf dem Boden der christdemokratischen Werte stehe.

"Selbst für Silvester ist das ein schlechter Scherz", sagte Szijjarto am Sonntag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur MTI. "Jean-Claude Juncker ist schon lange kein christdemokratischer, sondern ein migrationsfreundlicher liberaler Politiker." Unter seiner Kommissionspräsidentschaft "haben die Migranten Europa überschwemmt, die Briten hingegen die Union verlassen".

Sowohl die Fidesz-Partei als auch die luxemburgische Christlich-Soziale Volkspartei (CSV), der Juncker angehört, sind Mitgliedsparteien der EVP. Zuletzt war Orbans Fidesz unter den europäischen Konservativen isoliert, als die Mehrheit der EVP-Europaabgeordneten im vergangenen September für die Einleitung eines Rechtsstaatsverfahrens gegen Ungarn gestimmt hatte.

(APA/AFP)

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