Pekings ganzer Stolz: „Wir sind am Ziel“

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Symbolbild. (c) APA/AFP/China National Space Adm (HANDOUT)
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Das Land hat sich zu einer führenden Raumfahrtnation entwickelt. Militärische Ambition spielt Rolle.

Peking. Um 10.26 Uhr vormittags Pekinger Zeit ist es so weit. Auf einer Simulation ist im Staatsfernsehen zu sehen, wie die Mondsonde Chang'e-4 landet. Rund eine Stunde später zeigt man die ersten echten Bilder von der Mondoberfläche. Zu sehen sind ein kleiner Krater und schroffer Sandboden, Eigenschaften, die auf der sogenannten dunklen Seite des Mondes erwartet wurden. Erstmals wird diese von der Erde aus unsichtbare Seite des Mondes auf dem Boden von der Menschheit erkundet – und zwar von Chinesen.

Robotische und bemannte Mondlandungen hat es seit den 1960er-Jahren schon eine ganze Reihe gegeben. China ist nun aber die erste Nation, die auf der von der Erde abgewandten Seite gelandet ist. „Alles lief wie geplant“, sagt Sun Zhezhou, Chefentwickler der chinesischen Weltraumbehörde CNSA. Die Landung sei reibungslos verlaufen, die Funkverbindung habe funktioniert, die ersten Ergebnisse seien präzise. „Wir sind am Ziel.“

China hat bewiesen, was es innerhalb kurzer Zeit schaffen kann. Vor eineinhalb Jahrzehnten konnte die Raumfahrttechnik der Volksrepublik selbst mit jener Europas und Russlands nur bedingt mithalten. Viele Jahrzehnte nach den USA und Russland war China mit Chang'e 3 erst 2013 erstmals die weiche Landung einer Sonde auf dem Mond gelungen. Nach einer Pause von 37 Jahren gab es auf dem Mondboden zum ersten Mal wieder eine Ankunft, bei der das Landegerät heil blieb. Zuletzt hatten das die Russen 1976 gemacht.

Peking hat rasch aufgeholt

Auch die bemannte Raumfahrt ist in China noch jung. Doch inzwischen hat China kräftig aufgeholt: Die Landung einer Sonde auf der Rückseite des Mondes ist eine echte Premiere. In großen Schritten soll es weitergehen: Auf die Chang'e-4-Mission folgt schon im kommenden Jahr Chang'e 5 (der Name kommt von der chinesischen Mondgöttin). Diese Sonde soll Mondgestein zur Erde bringen. Bis spätestens 2030 will die chinesische Führung, dass auch erstmals Taikonauten – chinesische Astronauten – auf dem Mond landen. Geplant sind zudem Flüge zum Mars. Bald will Peking eine wiederverwertbare Trägerrakete entwickeln.

Binnen zweier Jahre soll eine bemannte Raumstation nach Art der ISS oder ihres russischen Vorläufers Mir im Orbit kreisen. Die Chinesen würden dann einen regelmäßigen Verkehr von Astronauten und Fracht aufrechterhalten. Bis dahin stellt wohl das internationale Kooperationsprojekt der ISS den Betrieb ein. China würde dann alleinige Verantwortung dafür übernehmen, einen irdischen Außenposten im All zu betreiben.

China dürfte Europa in der Raumfahrtforschung auch schon eingeholt haben. Denn anders als die Europäer verfügen die Chinesen auch über ein eigenständiges bemanntes Raumprogramm. Es gilt unter Experten nur noch als Frage der Zeit, bis die aufstrebende Techniknation in Fernost mit den USA und Russland gleichgezogen ist.

Dabei geht es den Chinesen keineswegs nur um Erkundung des Alls. An der Raumfahrt hängen immer auch militärische Ambitionen. Chinesische Militärexperten verweisen gern darauf, dass künftige Kriege im All gewonnen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2019)

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