Feiern die Sozialdemokraten ein kleines Comeback? Zerbröselt das Prinzip der demokratischen Gewaltenteilung? Wahlgänge in mehreren Mitgliedstaaten der Union werden Antworten auf diese Fragen bringen.
Wien. Nach den Megawahljahren 2017 und 2018, als unter anderem in Frankreich, Deutschland, Italien und Großbritannien gewählt wurde, findet die europäische Politik heuer zur Abwechslung nicht zur Gänze im Schatten der akuten Befindlichkeiten in den größten Mitgliedstaaten der EU statt. Das bedeutet aber nicht, dass Wahlen 2019 keinen Einfluss auf Europa haben werden. Neben der Europawahl vom 23. bis 26. Mai (siehe Seiten 2, 3) wird es in den (nach dem Ausscheiden Großbritanniens nur mehr 27) Mitgliedstaaten der Union mehrere Urnengänge geben, die den politischen Takt in der EU mitbeeinflussen werden. Anhand aktueller Umfragedaten wagt „Die Presse“ eine erste Vorschau auf das europäische Wahljahr 2019.
1. Lebenszeichen auf der linken Seite des politischen Spektrums
Die letzten zwei Jahre standen ganz im Zeichen des Niedergangs der europäischen Sozialdemokratie – in Frankreich, Deutschland und Italien mussten die einstigen Großparteien zum Teil heftige Verluste hinnehmen. In diesem Jahr dürfte es wieder Lebenszeichen auf der linken Seite des politischen Spektrums geben: In Finnland, wo Sozialdemokraten die Umfragen anführen, in Portugal, wo der regierende Linksblock an der Macht bleiben dürfte, und möglicherweise auch in Dänemark, wo sich bürgerliche und linke Parteien ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern – mit momentan knappem Vorsprung für die Linken. Die Ratingagentur Fitch geht in ihrer aktuellen Analyse davon aus, dass die Sozialdemokraten die nächste Regierungskoalition in Kopenhagen anführen werden.