„. . . und nun zum Wetter“, Herr Palfrader

Wettermoderator Otto Czerny-Hohenburg (Robert Palfrader) und seine nicht minder arrogante Chefin (Proschat Madani).
Wettermoderator Otto Czerny-Hohenburg (Robert Palfrader) und seine nicht minder arrogante Chefin (Proschat Madani).(c) ORF (Hubert Mican)
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Die Wetterredaktion in der ORF-eins-Dramedy „Walking on Sunshine“ erinnert nicht zufällig an den ORF. Robert Palfrader und Proschat Madani sollen darin als Unsympathler Sympathiepunkte und Quoten sammeln.

Wieder ein Prozent Marktanteil weniger: 2018 erzielten alle ORF-TV-Sender zusammen 32,9 Prozent, im Jahr davor waren es 33,9. Das klingt nach einem marginalen Minus. Ist es aber nicht. Denn der Öffentlich-Rechtliche befindet sich seit Jahren im kontinuierlichen Sinkflug in Richtung 30-Prozent-Marke. Nun setzt der ORF verstärkt auf eigenproduziertes, spezifisch österreichisches Programm – auch für die junge Zielgruppe, auf deren Bedürfnisse ORF eins zugespitzt wird. „Walking on Sunshine“ ist der erste Versuch im jungen Jahr . . .

Publikumslieblinge. Zweimal hat Robert Palfrader das Angebot abgelehnt. Aus Zeitgründen, wie er der „Presse“ erzählt. Dann hat ORF-Programmchefin Kathrin Zechner den viel beschäftigten „Kaiser“ persönlich angerufen und gebeten, wenigstens die ersten zwei Drehbücher von Mischa Zickler zu lesen, bevor er absagt. „Das war im Sommer 2017 und ich habe gerade für das ZDF in München gedreht“, sagt Palfrader. „Ich bin am nächsten Tag extra um sechs Uhr aufgestanden, damit ich das lesen kann.“ Kurz darauf konnte Zechner einen Publikumsliebling mehr auf die Besetzungsliste schreiben.

Dabei macht „Walking on Sunshine“ den Eindruck, als hätte Zickler ihm die Rolle von Anfang an auf den Leib geschrieben: Palfrader stattet den narzisstischen Otto Czerny-Hohenburg mit einer Überheblichkeit aus, die nur eine Nuance unter jener des „Kaisers“ liegt, aber weniger sympathisch wirkt. Der Typ sei „ein unfassbares Stück Fleisch“, findet Palfrader: „Ich habe Mörder gespielt, die sympathischer waren.“ Nach einem Alkoholentzug wird der ehemalige News-Anchorman zum Wettermoderator degradiert – und muss sich einer despotischen Chefin unterordnen, die wenig von ihm hält: „Den kann man doch nur als Sprechpuppe benutzen, und dafür ist er – mit Verlaub – nicht hübsch genug“, ätzt sie. Die clevere Hochstaplerin wird von Proschat Madani mit jenem berechnenden Lächeln und spitzfindig-arroganten Ton ausgestattet, wie man's von ihrer Rolle als Rechtsanwältin in der ORF-Serie „Vorstadtweiber“ kennt.

„Walking on Sunshine“ mäandert zwischen ernsthaften Themen (eine Kollegin begeht sogar Fahrerflucht mit Todesfolge) und Humor, handelt von menschlichen, auch politischen Abgründen. Eine Dramedy, die die Schicksale mehrerer Personen (darunter Aaron Karl als Praktikant Lukas und Miriam Fussenegger als Jungmoderatorin) in der Wetterredaktion eines fiktiven TV-Senders zusammenführt, der nicht zufällig an den ORF erinnert.

Einige der Figuren sind klischeehaft überzeichnet. Die hübsche, aber doofe Ansagerin zum Beispiel, die dann zu „Hallo TV“ geht. Oder der Generaldirektor, der mit Fliege und blondiertem Haar wirkt, als wäre er dem „Seniorenclub“-Archiv entsprungen. Alle Personen sind jedenfalls frei erfunden, betont Autor Zickler. Inspiriert habe ihn der ORF aber schon. Schließlich hat er einst beim ORF-Radio angefangen (FM4, „Stermann & Grissemann“) – und hatte ähnliche Schwierigkeiten wie Praktikant Lukas in der Serie: „Das war in den 1980er-Jahren. Der Ü-Wagen hat funktioniert, aber die Sicherung hat gefehlt.“ Lukas löst das Problem mit einem Kaugummipapier. „Diese MacGyver-Fähigkeiten fehlen mir – leider“, sagt Zickler.

Ideengeber. Zwei Jahre lang hat er an „Walking on Sunshine“ gearbeitet. Dass Zechner ihn mit dem Projekt beauftragte, zeigt, wie wichtig es ihr ist: Zickler gilt als ideenreicher TV-Unterhalter, hat für den ORF „Taxi Orange“ und „Starmania“ entwickelt, als Freier u. a. „Helden von morgen“, war im deutschen Privat-TV, zuletzt Unterhaltungschef von Sat1, bevor er nach Österreich zurückkehrte. Mit „Walking on Sunshine“ nimmt der ORF sein eigenes Metier auf die Schaufel – und hofft auf Sympathiepunkte beim Publikum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.01.2019)

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