Räßkäse und Alpen-Absinth: Das Ländle mag keine Massenware

„Grundbira – also Kartoffeln – passen eben gut zu Spätzle“, sagt Katrin Schedler. Ihr Ländle-Greißler befindet sich in Wien Margareten.
„Grundbira – also Kartoffeln – passen eben gut zu Spätzle“, sagt Katrin Schedler. Ihr Ländle-Greißler befindet sich in Wien Margareten.(c) Akos Burg
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Katrin Schedler betreibt in Wien einen Spezialitätenladen für Vorarlberger Produkte. Der viele Käsetransport brachte sie auf die Idee.

Der Käse ist das Zugpferd. Das sagt Katrin Schedler, aber sie muss es gar nicht sagen, denn wer ihr Geschäft betritt, der riecht das Zugpferd geradewegs. Würzig, alt, angenehm ranzig und zudringlich scharf, wie das halt sein muss bei einem guten Bergprodukt. Schedler hat sie alle: den sechs Monate gereiften Bergkäse – „für die Anfänger“, wie sie sagt – und den 20 Monate alten, für die Kenner und Aficionados. Dann noch den Räßkäs', ein bisschen Mostkäse, einen Camembert namens Freche Muh.

Viele ihrer Kunden kommen also wegen des ausgesuchten Käsesortiments, aber Schedler hat einiges mehr zusammengetragen, was ihr Bundesland Vorarlberg zu bieten hat. Beginnend mit den Schnaps- und Brandgeschichten (Stichwort: Subirer) bis hin zu den Bieren der vier großen Brauereien, die zu Schedlers Überraschung enorm gut ankommen; sie hat natürlich Lustenauer Senf, ein paar Spätzlehobel, Schokolade aus einer Manufaktur in Hohenems und Riebelmais.

In Wien-Margareten betreibt Schedler den Vorarlberger Spezialitätenladen Grundbira, der deswegen so außergewöhnlich sei, weil es diese Art von Ländle-Geschäft nicht einmal im Ländle gebe. Irgendwo kann man sich den Käse immer besorgen, das schon, aber eben nicht an einem Ort, wo der Fokus auf Spezialitäten und Kleinproduzenten hinter dem Arlberg liegt – ohne Schinken und Olivenöl aus Italien mitanzubieten. Bei ihr hingegen gebe es das reine Ländle in komprimierter Version. „Nur keine Massenware“, sagt Schedler.

Gin-und-Tonic-Experimente

Seit fast einem Jahrzehnt lebt die Feldkircherin in Wien, das Studium zog sie in die Hauptstadt. Nach den regelmäßigen Besuchen zu Hause packte sie dann ordentlich Lebensmittel ein, für sich selbst, aber auch im Auftrag des Freundeskreises. Da kommt schon auch der Gedanke auf: „Warum eröffne ich eigentlich kein Geschäft?“ Von ihrer Arbeit als freiberufliche Journalistin im Kulinarikbereich habe sie viele Produzenten schon gekannt, ehe sie beschloss, den ersten Ländle-Greißler des Landes ins Leben zu rufen. Die Gastronomie ist ihr keine fremde Welt, die Großeltern hatten schon ein Wirtshaus, sie selbst hat die Tourismusschule absolviert.

Schedler kommt zupass, dass sich in Vorarlberg gerade eine lukullische Jungunternehmerszene bildet. Sabine + Xaver liefern Biokekse aus dem Kleinwalsertal, Franz von Durst experimentiert mit Gin und Tonic, aus Götzis kommt der Alpsider und der „Alpsinth“, die Alpenvariante der grünen Kräuterspirituose. Alteingesessene Unternehmen wagen neue Wege, und es entstehen Eierliköre als Nebenprodukt eines Geflügelhofs oder eine Kosmetiklinie aus Molkeresten. „Die Kunden sind überrascht“, sagt Schedler, „was es außer Käse noch gibt. Gin und Essig, das erwarten sie weniger.“

Manches Mal muss sie auch die Bedeutung von Grundbira erläutern (Kartoffel) oder erzählen, was es mit dem speziellen Spätzlemehl auf sich hat. Dass die Spätzle an sich eine bestimmte Käsemischung verlangen, das hingegen dürfte sich in der Zwischenzeit herumgesprochen haben. Als Winteressen sei das derzeit sowieso sehr gefragt. Den Wein dazu würde sie, neben Hobel, Mehl und Käsemischung, auch gleich mitgeben. Der beliebte und umtriebige Winzer Möth residiert auf einem Hang in der Bregenzer Oberstadt und ist, so Schedler, der einzige Vollerwerbswinzer in Vorarlberg. Es soll ja Dinge geben, die der Osten bisweilen besser macht.

AUF EINEN BLICK

Die Feldkircherin Katrin Schedler betreibt in Wien Margareten das Vorarlberger Spezialitätengeschäft Grundbira – mit Fokus auf Kleinbetriebe und nachhaltige Unternehmen aus dem ganzen Bundesland. Margaretenstraße 78/III, 1050 Wien, Telefonnummer: +43/(0)676/964 04 41.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2019)

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