Vermisste tot gefunden, Katastrophenzustand in steirischen Orten

Aufnahme vom Sonntag in Schladming.
Aufnahme vom Sonntag in Schladming.APA/EXPA/MARTIN HUBER
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In Salzburg wurden ein Paar, das mit Schneeschuhen unterwegs gewesen war, tot unter einer Lawine gefunden. Die Lawinengefahr bleibt verbreitet auf der zweithöchsten Stufe - und die nächsten heftigen Schneefälle zeichnen sich schon ab.

Auch am Montag beeinträchtigen die großen Neuschneemengen vom Wochenende in weiten Teilen Österreichs Verkehr und das tägliche Leben - und die Situation wird sich mittelfristig nicht entspannen: Auch diese Woche strömt von Nordwesten her feuchte Luft an die Alpen und staut sich hier. Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) hat bereits die nächste Schneewarnung ausgegeben, und für das Wochenende zeichnet sich eine weitere Front ab.

Der heftige Wintereinbruch hat inzwischen mehrere Todesopfer gefordert. Am Montagnachmittag vermeldeten die Einsatzkräfte aus Abtenau (Salzburg), dass zwei vermisste Schneeschuhwanderer tot aufgefunden wurden. Der 28 Jahre alte Jäger und seine 23-jährige Partnerin waren von einer Lawine erfasst worden. Sie wurden mithilfe einer Lawinensonde geortet. Nach den beiden hatten die Bergretter seit Samstag gesucht, freilich mit etlichen wetterbedingten Unterbrechungen.

Auch in Niederösterreich gibt es eine Suchaktion: Bei Hohenberg im Bezirk Lilienfeld werden ebenfalls seit Samstag zwei Tourengehern vermisst. Die Suche musste aber auch am Montag erfolglos beendet werden. Im Gegensatz zum Vortag war der Einsatz von Hubschraubern aufgrund schlechter Sichtverhältnisse nicht möglich. Die Suche wird am Dienstag nicht fortgesetzt. "Aufgrund der Gefahrensituation können wir einen Einsatz nicht verantworten. Das Letzte, was wir wollen, ist ein toter Retter", teilte Michael Hochgerner von der Alpinpolizei nach einer Entscheidung der Einsatzleitung mit. Am Dienstag soll eine neue Bewertung der Lage stattfinden.

Vier Tote am Wochenende

Am Wochenende hatte es bereits zwei Lawinentote in Vorarlberg gegeben, außerdem starb ein Wintersportler in Zauchensee (Salzburg) nach einem Sturz im Tiefschnee, durch den er komplett verschüttet wurde. In Vorarlberg verunglückte zudem eine Schweizerin tödlich, nachdem sie im Skigebiet Schafberg in Gargellen abgestürzt und im 1,5 Meter tiefen Schnee steckengeblieben war.

Die Lawinengefahr ist in weiten Teilen Österreichs auf der zweithöchsten Stufe (4 von 5).

APA

Wie geht es weiter? Neuerliche massive Schneefälle

Von Dienstag bis Donnerstag sind an der Alpennordseite - von Vorarlberg über Nordtirol, Salzburg und die Dachstein-Region bis zum Mostviertel - 30 bis 80 Zentimeter Neuschnee zu erwarten, auf den Bergen stellenweise auch mehr als 100 Zentimeter, so die Prognose. Wegen des kräftigen Winds muss man mit Schneeverwehungen rechnen.

>> Schneemengen wie nur alle zehn Jahre

Eine nachhaltige Entspannung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Für das Wochenende zeigen die Vorhersagemodelle eine weitere Schneefront von Nordwesten her. Schon in der Nacht auf Montag verzeichneten viele Skigebiete erneut Zuwächse bei den Schneehöhen. An der Nordseite der Alpen, von Vorarlberg über Nordtirol und Salzburg bis zur nördlichen Obersteiermark, kamen laut ZAMG verbreitet fünf bis 25 Zentimeter dazu, in Gipfellagen stellenweise rund 30 bis 40 Zentimeter.

Im Folgenden die Situation in den betroffenen Bundesländern:

  • Niederösterreich: Große Lawinengefahr, Hochkar geschlossen

    In den Ybbstaler Alpen in Niederösterreich ist die Lawinengefahr über der Waldgrenze auf Stufe 4 der fünfteiligen Skala und damit "groß" geblieben. In vielen weiteren Gebieten des Bundeslandes herrscht Stufe 3, also "erhebliche" Lawinengefahr, teilte der Warndienst Niederösterreich mit. Besserung ist am Dienstag laut Prognose nicht in Sicht.

    Wegen der aktuellen Wetterlage sind die Hochkar Alpenstraße und die gesamte Skiregion laut einer Aussendung vom Montag wegen Lawinengefahr und Lawinensprengungen "bis auf weiteres geschlossen". Gäste, Mitarbeiter und Bewohner sollten noch im Laufe des Tages das Gebiet verlassen.
  • Steiermark: Katastrophenzustand ausgerufen

    Stark betroffen ist die Steiermark, im Großteil der Obersteiermark hielt die Lawinengefahr unverändert bei der zweithöchsten Warnstufe ("groß") der fünfteiligen Skala. Mit einer Entspannung der Lage war am Nachmittag angesichts des Wetters zunächst nicht zu rechnen. Dennoch konnten zwei Hubschrauber-Einsätze des Bundesheeres erfolgreich absolviert werden. Ein Hubschrauber brachte einen Sauerstoffbehälter zu einem Patienten nach Radmer. Eine weitere Maschine erkundete eine wegen Lawinengefahr gesperrten Bundesstraße. Rund 2000 Menschen waren nach wie vor vom Schnee eingeschlossen.

    Die obersteirische Gemeinde Pölstal hat Montagmittag nach tagelangen Schneefällen mit der Nachbargemeinde Hohentauern den Katastrophenzustand ausgerufen. In der Obersteiermark blieb zudem die Zufahrt zur Planneralm in den Rottenmanner und Wölzer Tauern (Bezirk Liezen) gesperrt. Damit war auch die Verbindung zu einem beliebten Gebiet für Schulskikurse dicht.

    Für etliche Schüler fiel zudem der erste Unterrichtstag nach den Weihnachtsferien aus: Im am stärksten betroffenen obersteirischen Bezirk Liezen blieben von rund 3.000 Schülern etwa 60 wetterbedingt der Schule fern. Bis auf die Volksschule St. Nikolai im abgeschnittenen Sölktal mit rund 40 Schülern und vier Lehrern und einige kleinere Schulen wurde aber sonst überall der Unterricht gehalten.
Ein Versorgungsflug des Bundesheeres in das abgeschnittene Sölktal am Wochenende.
Ein Versorgungsflug des Bundesheeres in das abgeschnittene Sölktal am Wochenende.APA/BUNDESHEER/PETER LEECHNER
  • Salzburg: 500 Haushalte ohne Strom, Schulen geschlossen
    In Salzburg waren am späten Montagnachmittag noch etwas mehr als 500 Haushalte ohne Strom. Die betroffenen Bewohner müssen dabei möglicherweise noch länger auf Hilfe warten. Denn in Gebieten, wo wegen der hohen Lawinengefahr Straßen gesperrt wurden oder betroffene Leitungsabschnitte nicht erreichbar sind, können auch die Techniker des Netzbetreibers keine Schäden reparieren.
  • Aufgrund der angespannten Situation und des erneuten Schneefalls seien den ganzen Montag über 200 Fachkräfte für Technik und Montage im Einsatz gestanden, sagte Daniela Kinz, Sprecherin der Salzburg AG. Die Mitarbeiter befreiten etwa Leitungen von umgefallenen Bäumen oder schlossen Trafostationen wieder an das Stromnetz an.

    Wegen den Wetterverhältnissen bleiben am Dienstag und am Mittwoch die Schulen und Kindergärten in mehreren Salzburger Gemeinden geschlossen. Dazu gehören das Werkschulheim Felbertal in Ebenau, sowie Einrichtungen in Faistenau, Hof,  Hintersee (Flachgau) und St. Koloman (Tennengau).

    DJ Ötzi verschob den für 8. Jänner geplanten Auftakt seiner "Gipfeltour" in Saalbach-Hinterglemm (Salzburg), die Sicherheit gehe vor.
  • Höchste Warnstufe am Wochenende in Tirol "möglich"
    Die Lawinensituation in Tirol bleibt weiter kritisch. Im Laufe der Woche herrsche weiter "Warnstufe 4, im oberen Bereich", also große Lawinengefahr, sagte der Leiter des Lawinenwarndienstes Tirol, Rudi Mair. Sollten die prognostizierten Schneefälle eintreffen, sei am Wochenende indes die höchste Lawinenwarnstufe, Stufe 5, "möglich".
  • Stufe 5 bedeute, dass Infrastruktur gefährdet wäre und auch exponierte Gebäude möglicherweise evakuiert werden müssten. Zudem könnte es zu Talsperren kommen. Der Leiter des Lawinenwarndienstes wies aber darauf hin, dass oft auch einige Zentimeter weniger ausreichen, um die Situation schon wieder weniger dramatisch ausfallen zu lassen. Daher sei es für Prognosen hinsichtlich des Wochenendes noch etwas zu früh.
  • In den vergangenen 25 Jahren wurde laut Mair zweimal Stufe 5 ausgerufen - rund um das Lawinenunglück in Galtür 1999 sowie an zwei Tagen im vergangenen Jänner. Ein Vergleich mit der Situation vor der Galtür-Katastrophe könne trotzdem nicht gezogen werden, betonte der Lawinenexperte: "Die Wetterlage war damals komplett anders." Damals seien vor allem die Seitentäler des Tiroler Oberlandes und damit die höheren Berge des Bundeslandes von massiven Schneefällen betroffen gewesen. In diesen Regionen Tirols würden ganz andere "geografische Gegebenheiten" vorherrschen als im Tiroler Unterland, das bisher vor allem von den Schneefällen - besonders in den Kitzbüheler Alpen - heimgesucht worden war. Im Oberland sei bei großen Neuschneemengen das Potenzial an gefährlichen Lawinen größer, so Mair.
  • Vorarlberg: Bundesheerhubschrauber angefordert
    In Vorarlberg bleibt die Lawinenlage in den kommenden Tagen angespannt. Oberhalb der Waldgrenze wurde die Gefahr erneut auf Stufe 4 gesetzt, ab Dienstag werden weitere intensive Schneefälle erwartet. Das Land hat deshalb sicherheitshalber einen Bundesheerhubschrauber angefordert, hieß es am Montagnachmittag.
  • Alle Rettungs- und Einsatzkräfte seien gut vorbereitet und auch der Lawineneinsatzzug des Bundesheeres sei einsatzbereit, informierte Sicherheitslandesrat Christian Gantner (ÖVP). Der zur Sicherheit angeforderte Bundesheerhubschrauber werde die zur Verfügung stehende Flotte bestehend aus einem Helikopter des Innenministeriums, zwei Rettungs- und einem Privathubschraubern ergänzen. Abhängig von der Witterung soll er "so schnell wie möglich in Vorarlberg eintreffen", so Gantner.
  • Angesichts der hohen Lawinengefahr appellierte der Sicherheitslandesrat an die Bevölkerung, Strecken abseits gesicherter Pisten zu meiden. Skifahrer brächten damit nicht nur sich selbst sondern auch Hilfs- und Rettungskräfte in Gefahr.
  • Der Lawinenwarndienst der Landeswarnzentrale erstellt auf Basis vielfältiger Informationen einen täglichen Lawinenlagebericht, der im Regelfall um 7.30 Uhr veröffentlicht wird und im Internet (www.vorarlberg.at/lawine), über SMS-Dienst oder via Handy-App abgefragt werden kann. Unter der Nummer +43(0)5574-201-1588 ist auch ein Tonband rund um die Uhr abrufbar. In 43 Vorarlberger Gemeinden sind zudem örtliche Lawinenkommissionen mit insgesamt 250 Kommissionsmitgliedern tätig. Sie beurteilen lokale Gefährdungsbereiche in den Gemeinden. Ihre Empfehlungen sind meist die Grundlage für Entscheidungen von Bürgermeistern, Straßenerhaltern oder Betreibern von Skigebieten.

Bahnstrecken weiterhin gesperrt

Das Winterwetter hat am Montag weiterhin Sperren von mehreren Bahnstrecken notwendig gemacht. So waren wegen Lawinengefahr in der Steiermark zwischen Stainach-Irdning und Schladming keine Fahrten möglich, teilten die ÖBB auf ihrer Internetseite mit. Auch zwischen Tirol und Salzburg fuhren von Hochfilzen bis Saalfelden keine Züge. Diese Strecke dürfte bis Dienstagmittag gesperrt bleiben.

Auf beiden Verbindungen wurde ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Zwischen Saalfelden und Hochfilzen sollten laut ÖBB 60 Minuten mehr Reisezeit eingeplant werden, zwischen Stainach-Irdning und Schladming wegen der Sperre der Ennstal-Bundesstraße bis zu 120 Minuten.

Ebenfalls von Stainach-Irdning gab es kein Weiterkommen auf der Schiene nach Steeg-Gosau in Oberösterreich. Im steirisch-niederösterreichischen Grenzgebiet war die Bahnstrecke zwischen Laubenbachmühle und Mariazell gesperrt. Von Scharnitz in Tirol nach Mittenwald in Deutschland waren keine Zugfahrten und auch kein Schienenersatzverkehr möglich. Zwischen Mautern und Trieben in der Steiermark war der Bahnverkehr eingeschränkt.

(APA/Red.)

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