Rumänien erwägt eine Klage vor dem EuGH gegen die österreichische Indexierung der Familienbeihilfe. Die EU-Kommission prüft das Gesetz, welches die Familienministerin vehement verteidigt: "Die Indexierung bringt mehr Gerechtigkeit."
Der Schlagabtausch zwischen Österreich und Rumänien geht in die nächste Runde: Das österreichische Familienministerium kritisierte Montagnachmittag das Land, das seit 1. Jänner den EU-Ratsvorsitz inne hat wegen dessen offenem Auftreten gegen die Indexierung der österreichischen Familienbeihilfe. Für ein Vorsitzland "wäre es eigentlich üblich, den Ansatz des honest broker ('ehrlicher Makler') zu verfolgen und sich möglichst neutral zu verhalten", hieß es in einer Aussendung.
Seinen Anfang genommen hatte der Streit am Wochenende, als die rumänische EU-Abgeordnete Maria Grapini an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gerichtet eine "völlige Verachtung" ihres Landes beanstandete. Rumäniens Außenminister Teodor Melescanu legte kurz darauf nach, als er bekanntgab, sein Land überlege eine Klage gegen die Indexierung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einzubringen.
Mittlerweile prüft auch die EU-Kommission das neue Gesetz. Eine Sprecherin der Kommission ortete am Montag eine "Diskriminierung". Die Rechte der Kinder seien zu respektieren. Nicht eingehen wollte die Sprecherin darauf, ob sich die Kommission einer Klage Rumäniens anschließen werde.
Bogner-Strauß: "Indexierung bringt mehr Gerechtigkeit"
Für Österreich, konkret die türkis-blaue Bundesregierung, nahm sodann der freiheitliche Generalsekretär Harald Vilimsky Stellung. Er rechtfertigte die Indexierung der Familienbeihilfe mit den anfallenden Kosten: "Unsere Familienbeihilfe ist eine einkommensunabhängige Sozialleistung, die dazu dient, um die anfallenden Kosten für Kinder abzumildern. Und in Österreich sind diese Kosten wesentlich höher als in Rumänien." Daher habe die Koalition aus ÖVP und FPÖ einen "richtigen und notwendigen" Schritt gesetzt, als sie eine Anpassung der Leistungen an die Lebensverhältnisse des jeweiligen Staates beschlossen habe.
In eine ähnliche Kerbe schlug Montagnachmittag ÖVP-Familienministerin Juliane Bogner-Strauß: "Die Indexierung bringt mehr Gerechtigkeit", teilte sie mit. Es handele sich bei ihr um "kein Gehaltsbestandteil und keine Versicherungsleistung". Daher sei sie an die Lebenshaltungskosten des Staates angepasst worden, in dem das betroffene Kind wohnt. "Dadurch erhalten alle Eltern den gleichen prozentualen Anteil an Lebenshaltungskosten refundiert und so werden alle Eltern in der EU, dem EWR und der Schweiz gleich behandelt", wurde sie in der Mitteilung zitiert. Das Ministerium beruft sich dabei auf den Wiener Sozialrechtler Wolfgang Mazal, der in einem Rechtsgutachten der Indexierungsmaßnahme Europarechtskonformität attestiert hatte.
Das Familienministerium wies außerdem darauf hin, dass rumänische Kinder, deren Eltern in Österreich arbeiten, auch jetzt noch mehr Geld bekommen als jene, deren Eltern in Rumänien tätig sind. Allerdings wurde die Höhe der österreichischen Sozialleistungen für in Rumänien lebende Kinder ab 1. Jänner 2019 etwa halbiert.
Auf einen Blick
Seit 1. Jänner wird die österreichische Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder entsprechend den dortigen Lebenshaltungskosten indexiert. 125.000 Kinder sind von einer Kürzung betroffen, in Rumänien allein sind es rund 14.000. In Zukunft gibt es somit für ein 0- bis zweijähriges Kind, das in Rumänien lebt, nur noch 56,20 Euro österreichische Familienbeihilfe monatlich statt bisher 114 Euro; für 3-9-Jährige sind es nun 60,10 statt 121,90 Euro.
(APA/hell)