Kardinal Barbarin und andere Würdenträger sollen jahrelang einen Priester gedeckt haben der Ende der 1980er-Jahre mehrere Pfadfinder sexuell missbraucht haben soll.
Mehrere katholische Geistliche müssen sich in der französischen Stadt Lyon wegen der mutmaßlichen Vertuschung von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen verantworten - darunter auch der Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin. Die Würdenträger stehen seit Montag in der Stadt im Osten Frankreichs vor Gericht. Dem 68-Jährigen wird vorgeworfen, die Vorwürfe gegen einen Priester jahrelang verschwiegen zu haben.
Der Priester Bernard Preynat soll sich in den Jahren 1986 bis 1991 an jungen Pfadfindern vergangen haben. Kardinal Barbarin wusste laut Anklage spätestens seit 2000 von den Vorgängen, soll den Priester aber gedeckt haben. Ihm drohen bis zu drei Jahre Haft und eine Geldstrafe von 45.000 Euro. Der Skandal in der Erzdiözese Lyon wurde 2015 bekannt.
"Wir wollen die Wahrheit über das Schweigekartell wissen", sagte der Mitgründer des Opferverbands "La Parole Liberée" (etwa: die befreite Rede), Alexandre Hezez, zum Auftakt des Verfahrens. Papst Franziskus ist Forderungen nach einer Abberufung von Erzbischof Barbarin bisher nicht nachgekommen.
Im Sommer 2018 initiierte ein Geistlicher des Bistums Valence eine Petition gegen Barbarin mit der Forderung nach seinem Rücktritt, die schnell zahlreiche Unterstützer fand. "Was immer er jetzt sagt, egal zu welchem Thema er sich äußert, es wird immer der Schatten dieser Angelegenheit sein. Wir hören nicht mehr auf das, was er sagt. Er kann seinen Dienst nicht mehr erfüllen", sagte Pater Pierre Vignon der Zeitung "La Croix".
Erzbischof mit 51 Jahren
Kardinal Barbarin galt Beobachtern zufolge lange als ein Shootingstar der katholischen Kirche in Frankreich. Im Sommer 2002 wurde er mit nur 51 Jahren Erzbischof von Lyon und damit höchster katholischer Würdenträger Frankreichs. Das Amt des Primas der katholischen Kirche in Frankreich ist traditionell mit dem Amt des Erzbischofs von Lyon verbunden. 2003 und 2013 wählte er den neuen Papst mit. "Eine untypische Figur der Kirche", nannte ihn etwa der Sender France Info.
Schnell sorgte der neue Erzbischof damals für Aufsehen - stellte etwa in einem Interview das Pflichtzölibat infrage. Später sprach er sich gegen die Heirat Homosexueller und Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare aus. "Danach werden sich Paare aus drei oder vier Personen bilden wollen. Dann, vielleicht eines Tages, wird das Inzestverbot fallen", sagte er 2012 dem Sender RCN und löste eine heftige Debatte in Frankreich aus.
Neben dem Kardinal stehen auch zwei frühere Mitglieder der Erzdiözese Lyon vor Gericht: Maurice Gardès, derzeit Erzbischof von Auch, und Thierry Brac de la Perrière, Bischof von Nevers. Vorgeladen sind zudem zwei Kleriker aus Lyon und die ehemalige Verantwortliche einer Gruppe für Missbrauchsopfer. Dem beschuldgiten Priester Preynat selber wird ein separates Verfahren gemacht.
(APA/AFP/dpa)