Kickl will selbst für Flüchtlinge sorgen

Justizminister Moser (l.) und Herbert Kickl lieferten sich einen heftigen Schlagabtausch.
Justizminister Moser (l.) und Herbert Kickl lieferten sich einen heftigen Schlagabtausch.GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com
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2019 will das Innenressort für Flüchtlinge eine Agentur, ein neues Gesetz und eine eigene Sektion schaffen. Streitereien mit dem Justizministerium verzögern die Pläne aber jetzt schon.

Wien. „Ich bin voller Tatendrang für das neue Jahr“, sagte Innenminister Herbert Kickl am Montag. Dieser Tatendrang widmet sich auch 2019 dem Lieblingsthemenkomplex der FPÖ: Fremdenwesen, Asyl und Migration.

Das Herzensprojekt für 2019: Wie im Regierungsprogramm angekündigt, soll eine Bundesagentur für Asyl eingerichtet werden. Die Regierung möchte die Betreuung von Asylwerbern, das Betreiben von Quartieren sowie die Rechts- und Rückkehrberatung lieber in eigenen als in Händen von NGOs und privaten Firmen wissen. Zu diesem Zweck soll dieses Jahr eine GesmbH eingerichtet werden.

Die NGOs haben an diesen Plänen bereits scharfe Kritik geübt: Denn künftig würden jene, die Verfahren abwickeln, auch für die Einsprüche dagegen sowie die Rechtsberatung zuständig sein. Es brauche eine deutliche Trennung, um Unabhängigkeit und Objektivität von Verfahren zu gewährleisten, hieß es.

Seitenhieb Richtung Justiz

Kickl will das nicht gelten lassen. Es brauche einheitliche Regeln. Außerdem sei eine Betreuung durch den Staat „mit Sicherheit billiger“, beteuert er. „Denn die derzeitigen Betreiber sind durchaus auch an Gewinnen interessiert.“

Derzeit betreibt den Großteil der Bundesquartiere die private Firma ORS, die 2017 Millionenumsätze machte – man war mit deren Leistungen in der Vergangenheit aber nicht immer zufrieden.

Neben der Kostenfrage geht es aber wohl auch um eine politische: Dass NGOs im Asylbereich künftig weniger mitzureden haben, ist der FPÖ seit vielen Jahren ein Anliegen. Aktuell eskalierte wieder einmal ein Streit zwischen Caritas und FPÖ – Letztere hatte dieser „Profitgier“ unterstellt, sprach von der „Asylindustrie“.

Kickl bedauerte am Montag, dass es zur Verzögerung bei der Einrichtung der Agentur kommen wird. Hintergrund ist ein Streit mit dem Justizministerium. Das Innenministerium hatte Verträge mit privaten Firmen und NGOs bereits zu Jahreswechsel kündigen wollen – Justizminister Josef Moser hat sich aber quergelegt.

Kickl sagte am Montag, dass er sich in der Frage für Gespräche mit dem Justizressort eingesetzt habe – dies sei bisher aber ohne Erfolg geblieben. Er kündigte an, dass das Innenressort jedenfalls Gespräche mit NGOs und der ORS suchen werde, um eine Kündigungslösung zu finden.

Justizminister Moser setzte sich daraufhin mit einer „Klarstellung“ zur Wehr. Das Innenministerium habe die Verträge mit den NGOs „ohne vorherige Evaluierung und Kostenabschätzung“ kündigen wollen. Bis heute würden aber „keine Wirkungsfolgenabschätzungen und keine Kosten-Nutzen-Rechnung“ vorliegen, hieß es in der Aussendung. „Trotz mehrmaliger Urgenz.“ Es lägen keine Unterlagen vor, „auf deren Grundlage eine seriöse weitere Vorgehensweise möglich ist“.

Die türkis-blauen Regierungskoordinatoren, Gernot Blümel (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ), waren nach dem Schlagabtausch um Kalmieren bemüht. Die Reform der Rechtsberatung werde bis März „vorbereitet und beschlossen“ sein, teilten sie mit.

Neue Sektion, neuer Direktor

Innen- und Justizressort haben dieses Jahr jedenfalls eine intensive Zusammenarbeit vor sich. Nicht nur bei der Agentur bedarf es eines Konsenses beider Ressorts. Kickl kündigte auch eine Reform der Asylgesetze an. Derzeit würden sich rund 300 Bestimmungen in vier verschiedenen Gesetzen finden. „Um diese Paragrafen zu deuten, braucht es fast einen Esoteriker“, sagte er am Montag. Ein deutliches, klares Gesetz soll dem Abhilfe schaffen.

Um all diese Agenden zu bewältigen, wurde im Innenministerium eine neue Sektion für Fremdenwesen eingerichtet, wo unterschiedliche Abteilungen zusammengezogen werden sollen. Sie soll im Endausbau 300 bis 400 Personen umfassen, plus dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Peter Webinger wurde am Montag als neuer Sektionschef vorgestellt. Webinger war schon unter mehreren schwarzen Ministern im Innenministerium tätig, wurde 2015 während der Flüchtlingswelle zum Leiter des Krisenstabs ernannt. Die Sektion V soll künftig auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verantworten – das braucht übrigens einen neuen Direktor. Der Vertrag mit dem jetzigen Direktor, Wolfgang Taucher, läuft aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2019)

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