16-Jähriger bei Lawinenabgang in St. Anton am Arlberg getötet

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Ein tödlicher Lawinenabgang, abgeschnittene Bergdörfer, Straßensperren, Stromausfälle, geschlossene Skigebiete: Die Schneefälle dauern an. Katastrophenalarm in Niederösterreich, Galtür ist nicht mehr erreichbar. Nur Süden und Osten blieben verschont.

Wien. Die Schneemassen halten große Teile Österreichs weiterhin in Schach. Ein Lawinenabgang in St. Anton am Arlberg im Tiroler Bezirk Landeck hat am Mittwoch ein Todesopfer gefordert. Wie die Polizei berichtete, wurde ein 16-Jähriger im freien Skiraum von den Schneemassen mitgerissen und verschüttet. Für den Burschen kam jede Hilfe zu spät. Er konnte nur noch tot geborgen werden.

Der 16-Jährige war gemeinsam mit seinem Vater, seiner Mutter und seinem Bruder unterwegs, als er kurz nach 16.30 Uhr von der Lawine erfasst wurde. Die drei anderen Familienmitglieder blieben unverletzt. Die Erhebungen zum genauen Unfallhergang waren vorerst nicht abgeschlossen. 

Die Familie sei in St. Anton am Arlberg abseits der Pisten unterwegs gewesen und am späten Nachmittag in sehr steilem Gelände nicht weitergekommen, sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presseagentur. Der 16-Jährige habe einen Notruf abgesetzt. Während die Retter unterwegs waren, um die Familie zu bergen, habe ihn eine Lawine erfasst. Der Bursche sei zwar nach 20 Minuten geborgen worden, habe jedoch nicht reanimiert werden können.

Bei dem Burschen handelt es sich um einen Deutsch-Australier. Der Vater ist Deutscher, die Mutter Australierin. Die Familie lebt in Australien. Sie war demnach ohne Notfallausrüstung wie Schaufel oder Lawinensuchgerät unterwegs gewesen.

Höchste Lawinenwarnstufe in vier Bundesländern

Mittwochnachmittag galt in den steirischen Nordalpen und in Bereichen von Ober- und Niederösterreich sowie Salzburg die höchste Lawinenwarnstufe der fünfteiligen Skala. Das niederösterreichische Skigebiet Hochkar wurde zum Katastrophengebiet erklärt. Erst am Freitag wird eine – kurzfristige – Entspannung der Lage erwartet.

In der nördlichen Steiermark waren 2250 Menschen von der Außenwelt abgeschnitten. Hubschrauberflüge waren wegen des starken Windes und extrem beschränkter Sicht kaum möglich. Das steirische Rote Kreuz hatte bereits in der Vorwoche vorgesorgt und etwa Dialysepatienten in Spitäler verlegt. Von zahlreichen Straßensperren war auch die Mautstraße auf das Plateau des Stoderzinken betroffen. Dort hatten zuvor alle ansässigen oder beschäftigten Personen den Berg verlassen – bis auf einen Förster, der auf eigenen Wunsch auf dem Berg blieb, um weiterhin sein Wild zu füttern.

In Oberösterreich galt ab Mittag die höchste Lawinenwarnstufe für den alpinen Süden. Die Skigebiete Krippenstein und Kasberg stellten den Betrieb komplett ein. Im gesamten Bundesland waren rund 50 Straßen gesperrt, darunter auch die großen Passstraßen im Süden – Pyhrnpass, Hengstpass und Koppenpass. Im Bezirk Perg bleiben am Donnerstag zumindest sechs Schulen geschlossen.

Auch in Salzburg rief der Lawinenwarndienst nach spontanen Lawinenabgängen die Warnstufe fünf aus. Betroffen waren vor allem der Süden des Hochkönigmassivs, das Hagen- und Tennengebirge und der Gosaukamm. Auf einer Skipiste in Neukirchen am Großvenediger wurden sechs Jugendliche von einer Lawine erfasst und zum Teil verschüttet. Sie konnten jedoch unverletzt geborgen werden. 350 Haushalte waren zudem ohne Strom, teilweise schon seit vier Tagen.

Auch in Niederösterreich waren etwa 270 Haushalte ohne Stromversorgung. Vorwiegend betroffen waren Waidhofen an der Ybbs und die Bezirke Melk, Scheibbs sowie Lilienfeld. Mehrere Skigebiete, darunter das Hochkar und Lackenhof am Ötscher blieben am Mittwoch geschlossen.

In Vorarlberg waren die Arlberg-Orte Lech, Zürs und Stuben auf dem Straßenweg nicht erreichbar. Außerdem standen 54 der 88 Liftanlagen still.

Galtür abgeschnitten

Auch das Tiroler Bergdorf Galtür, wo 1999 bei einer Lawinenkatastrophe 31 Menschen starben, war über den Verkehrsweg nicht mehr erreichbar. Das bewohnte Gebiet sei aber nach Angaben der Gemeinde „nicht betroffen“. Auch im restlichen Tirol sei die Situation für den Siedlungsbereich derzeit nicht als kritisch einzustufen, so Lawinenexperten. Mehrere Zugverbindungen, unter anderem zwischen Innsbruck und Seefeld, mussten gesperrt werden.

Der Süden und Osten Österreichs blieben bisher von großen Schneemassen verschont. In Kärnten herrschte nur im Norden an der Landesgrenze zu Salzburg teils große Lawinengefahr. (APA/twi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2019)

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