Nach Judenwitzen keine Anklage gegen ÖVP-nahe Studentenvertreter

THEMENBILD: OeH-WAHLEN 2013
THEMENBILD: OeH-WAHLEN 2013APA/GEORG HOCHMUTH
  • Drucken

Vertreter der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft hatten antisemitische, sexistische und behindertenfeindliche Postings geteilt. Die Staatsanwaltschaft sieht nun von einem Verfahren ab.

Nach dem Skandal um antisemitische, sexistische und behindertenfeindliche Postings von Funktionären der ÖVP-nahen Studentenfraktion Aktionsgemeinschaft (AG) am Wiener Juridicum kommt es zu keiner Anklage. Die Staatsanwaltschaft hat teils mangels Anfangsverdacht kein Verfahren eingeleitet, teils wurden die Ermittlungen wegen Verhetzung und Wiederbetätigung eingestellt, berichtete die Nachrichtenseite "ORF.at" am Donnerstag.

Kurz vor den Wahlen der Studentenvertretung 2017 hatte die Wochenzeitung "Falter" Protokolle einer Whatsapp-Gruppe und der geschlossenen Facebook-Gruppe "Fakultätsvertretung Jus Männerkollektiv" veröffentlicht, in denen sich AG-Funktionäre die Zeit mit Witzen über Juden, Hitler und behinderte Menschen vertrieben. Geteilt wurde darin etwa unter dem Titel "Leaked Anne Frank Nudes" ein Bild mit einem Haufen Asche samt einer Rose. In den Kommentaren ebenfalls lustig gefunden wurden Witzeleien über einen Burschen mit Downsyndrom sowie diverse Hitler-Bilder. Die Staatsanwaltschaft hatte danach Ermittlungen aufgenommen, auch die Konten der Fakultätsvertretung Jus und Wirtschaftswissenschaften wurden damals von der ÖH eingefroren.

Tatbestand der Verhetzung nicht erfüllt

Die 31 Anzeigen, die in diesem Zusammenhang eingebracht wurden, bleiben allerdings ohne Folgen: Ein Teil der Personen war in keiner der fraglichen Gruppen Mitglied bzw. dort nicht aktiv. In anderen Fällen waren die Gruppen laut Staatsanwaltschaft mit weniger als 30 Mitgliedern zu klein, um den Tatbestand der Verhetzung zu erfüllen. Mit Ausnahme von zwei Bildern sei auch kein Verstoß gegen das Verbotsgesetz gegeben. In diesen beiden Fällen sei allerdings kein Vorsatz nachweisbar gewesen, sich im nationalsozialistischen Sinne zu betätigen.

Die AG hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe den sofortigen Ausschluss aller Beteiligten angekündigt, ebenso die Junge ÖVP Wien. Ein ÖVP-Gemeinderat in Niederösterreich legte in der Folge sein Gemeinderatsmandat zurück. Der Skandal hatte auch Auswirkungen auf die Wahlen zur Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH): Die AG verlor am Juridicum der Universität Wien die Hälfte ihrer Studienrichtungsvertreter.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Juridicum
ÖH-Wahl

Skandal-Gruppe am Juridicum: Anwaltskammer ermittelt gegen Berufsanwärter

Michael Enzinger, Präsident der Rechtsanwaltskammer Wien, lässt Hinweise prüfen, wonach ein Rechtsanwaltsanwärter in jenen Studentengruppen aktiv war, die antisemitische und NS-verharmlosende Äußerungen austauschten.
Symbolbild: Juridicum der Uni Wien
ÖH-Wahl

AG-Skandal: Staatsanwaltschaft ermittelt, Konten eingefroren

Nach Berichten über Chats, in denen Judenwitze von Funktionären der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft verschickt wurden, wird wegen Verdacht auf Verhetzung ermittelt.
ÖH-Wahl

Antisemitische Chats: Dekan sieht "menschenverachtende Exzesse"

Es handle sich leider nicht um einzelne "schwarze Schafe", die antisemitische Witze verschickt haben, beklagt Jus-Dekan Paul Oberhammer.
ÖH-Wahl

Antisemitismus bei AG: "Namen Beteiligter veröffentlichen"

Die Listen für die ÖH-Wahl stünden bereits fest, so die Gras-Studierenden. Daher müssten die Studierenden wissen, wer an dem Skandal am Juridicum beteiligt ist.
ÖH-Wahl

Kurz zu antisemitischen Chats: "Absolut letztklassig"

Den Ausschluss der Funktionäre von AG und JVP sei nach den Berichten über die Online-Chats "absolut richtig", so der JVP-Chef.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.