Manchmal brennt es auf dem Pelz

(c) Juergen Skarwan
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Alle lieben den Jimny. Wie sehen das seine Freunde auf dem Hochstand?

Nicht erschrecken, wenn's kracht“, warnt uns Walter freundlicherweise vor. Er ist nur für ein Foto auf den Hochstand geklettert, aber mit seinem Jägerblick hat er sofort Verdächtiges in einer Baumgruppe erspäht – dort, wo Einheimische um einen Fuchsbau wissen. „Da brennt's schnell am Pelz“, erläutert Walter für den Fall, dass Reineke an diesem Tag nicht aufpassen sollte. Wir hingegen hoffen insgeheim, dass auch der sehschwächste Fuchs in der Gegend ausreichend gewarnt ist durch unseren kleinen Auflauf in der stillen Winterlandschaft. So ist das mit dem Stadt/Land-Gefälle: Unsereiner ist entzückt, wenn sich Wildtiere zeigen und legt höchstens mit dem Fotohandy an, während einer wie Walter spontan zur Büchse greift (momentan Kaliber .222 Remington, laut Walter recht passgenau für Füchse). Und Jäger sind hier fast alle in der Gegend, da fühlt man sich schnell wie ein Friedensaktivist im Schützengraben.
Worauf wir uns aber mühelos einigen können, die blassen Städter ebenso wie die wortkargen Wettergesichter, ist eine innige Verehrung für ein kleines Original von Geländeauto, das hier am Fuß des Hochstands steht und jeder waidmännischen Tarnung Hohn lacht.

„A blede Farb“, nennt Walter denn auch, was im Prospekt etwas blumiger als „Kinetic Yellow mit Bluish Black Pearl“ geführt wird. Aber daran wird die Liebe wohl nicht gebrechen, es ist ja auch noch „Jungle Green“ im Programm, was unserem Jägergrün ziemlich genau entspricht.
Den brandneuen Jimny kann Walter noch nicht kennen, den müsste er mindestens ein Monat lang unter die Fittiche nehmen, wie er sagt, aber taugliches Testimonial ist der Mann allemal. Erstens fährt er selbst Suzuki, solang er sich erinnern kann, aktuell den Gran Vitara mit forstwegelastigen 160.000 Kilometern auf der Kurbelwelle. Wenn er nicht auf dem Traktor sitzt, was er am allerliebsten tut.

»Den Ur-Jimny
kann man auch als Pionier
des SUV-Booms sehen.«

Zweitens ist Walter genau der Outdoor-Mensch, der die bartbehangenen, tätowierten Hipster in der Stadt, die in Grillmagazinen blättern, gern sein würden. Walter ist jeden Tag draußen, fängt Fische im eigenen Teich, geht auf die Pirsch, fällt Bäume, baut seine Hochstände selbst und fertigt in der Gegend äußerst gefragte Wasserbrunnen aus dicken Lärchenstämmen, außerdem kann er praktisch alles reparieren, was noch keinen Computerchip enthält. Über exotisches Craft Beer braucht Walter auch keiner etwas zu erzählen, er ist nämlich gleich dort geblieben, wohin die anderen irgendwann wieder zurückfinden werden: beim Gösser frisch aus der orangen Pfandkiste. In seinen Kreisen übrigens das Standardentgelt für kleinere Hilfsdienste. Wie fit so ein Leben hält, kann man ermessen, wenn man den 76-Jährigen mühelos den Hochstand erklimmen sieht.

So einer braucht ein Auto, das anpacken kann. Der Jimny hat diese Qualitäten immer schon bewiesen. Seit 1970 ist er auf dem Markt, damals unter dem Namen LJ10, aber bereits mit den wesentlichen, bis heute unveränderten Zutaten für ernsthaftes Vorankommen im Gelände: Allrad, Leiterrahmen und Untersetzungsgetriebe. Der knorrige Zwerg, ursprünglich mit Blattfedern und Zweitaktmotor, hat sich über die Jahre Manieren angeeignet und wurde zum immer komfortableren Freizeitauto für allerlei Zwecke, ohne bei Förstern oder Jägern an Ansehen einzubüßen. Auch in den Städten hat der Jimny eine kleine, aber eingeschworene Fangemeinde, und wenn man will, kann man ihn auch als Pionier des großen SUV-Booms verstehen. Höher sitzen, überall vorankommen, robust auftreten, das geht auch mit kleinen Abmessungen und bei wenig Gewicht.

Heute übrigens mehr denn je. Nichts ist ruppig oder störrisch an dem 3,65 Meter kurzen Hüpfer, und bei normaler Straßenfahrt deutet nichts darauf hin, dass der Kleine eine Größe im Gelände ist. Was der Jimny naturgemäß weniger mag, sind Autobahnetappen. Dafür ist der fünfte Gang zu kurz übersetzt, denn man hält schon bei aufgeregten 4000 Touren, bevor 130 km/h erreicht sind. Das will man nicht länger als notwendig genießen. Auf Bundesstraßen ist der Jimny ein angenehmer Gefährte, dessen 1,5-Liter-Motor sich für Überholmanöver beherzt aufplustern kann, und dem es auch an zeitgemäßem Komfort nicht mangelt: Wir hatten Sitzheizung, Navi und ein ordentliches Soundsystem an Bord, die nächtliche, frisch beschneite Straße wurde von LED-Scheinwerfern mit Fernlichtautomatik ausgeleuchtet. Auch bei forciertem Landstraßentempo ist der Suzuki über widrigste Straßenbedingungen erhaben und verkürzte uns eine lange Fahrt durch die Schrecken des Eises und der Finsternis – naja, wie es halt zugehen kann in den Voralpen eines strengen Dezembers.

»Wahrzeichen des offroaders: Das Reserverad auf der Hecktüre.«

Aber so richtig in seinem Element ist der Jimny, wenn man den Hebel neben der Handbremse im Leerlauf auf Position 4L (4WD Low, also Geländeuntersetzung) einrasten lässt. Wie ein junger Fuchs springt er aus dem Tiefschnee, in den wir gerade scheinbar rettungslos versunken sind. Im Normalbetrieb ist der Jimny mit Heckantrieb, sprich 2H unterwegs. Mit 1090 Kilogramm Leergewicht ist man gegen unerfreuliche Kettenreaktionen bei brisanten Offroad-Manövern gut gefeit, kaum eine Situation, aus der man sich nicht irgendwie wieder freistrampeln kann. Was der Kleine im Gelände letztlich alles anzustellen vermag, überlassen wir gern den Experten von der entsprechenden Fachrichtung. Wir stellen einstweilen fest, dass Suzuki mit der vierten Jimny-Generation perfekt einen Look getroffen hat, der einer gewissen G-Klasse von Mercedes nicht unähnlich ist, ohne sich anzubiedern. Es existieren schon Umbaukits, die die G-Mimikry vollenden. Dass der Jimny ein eigenständiger, charakterstarker Bursche geblieben ist, macht die Sache so rund, wie das Kastl schön eckig ist. Wahrzeichen: Das mitgeführte Reserverad auf der schwenkbaren Hecktüre. Die gibt einen Laderaum frei, der das Maximum aus den Abmessungen herausholt, allerdings muss man sich zwischen ein oder zwei Sitzplätzen im Fond und Gepäck entscheiden. Sind beide Sitze hinten in Gebrauch, hat man das Gepäck auf dem Schoß.
Die Füchse hätten den Tag einstweilen überstanden. Doch Obacht: Walter schaut zweifellos wieder vorbei, damit keiner übermütig wird.

(c) Juergen Skarwan

Der G des kleinen Mannes:

Der kleinste echte Geländewagen der Welt ist zu einem preiswerten, spaßigen Allrounder geworden, der nur lange Autobahnetappen scheut.

Name : Suzuki Jimny 1.5 VVT Allgrip
Preis : ab 17.990 Euro
Motor : R4-Zylinder, 1462 ccm
Leistung : 102 PS
Antrieb : Allrad
Gewicht : 1090 kg
Vmax : 145 km/h
Rampenwinkel : 28 Grad
Verbrauch : 7,2 l/100 km im Test

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