Die Kirche muss die Missbrauchsvorwürfe mit höherem Tempo aufarbeiten: im Interesse der Opfer, und um ihren Kritikern das Feld nicht allein zu überlassen.
Am Tag nach Christoph Schönborns wortmächtigem Schuldbekenntnis im Stephansdom mutete der Auftritt des Kardinals und der „unabhängigen Opferschutzanwältin“ Waltraud Klasnic reichlich unentschlossen an: „Unsere gemeinsame Sorge gilt den Opfern“, sagten die beiden nach ihrem ersten Planungsgespräch, das sie volle vier Tage nach der öffentlichen Betrauung Klasnics mit der neuen Funktion führten. Bis Ende April sollen Klasnics Team und dessen Arbeitsweise bekannt gegeben werden. Warum nicht gleich erst, sagen wir: zu Pfingsten, um im Takt des Kirchenjahrs zu bleiben?
Schönborn hat am Mittwochabend, angelehnt an das Schuldbekenntnis des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer zum Schweigen der Kirche zum Nationalsozialismus, mit starken Worten das Versagen der Kirche und einzelner ihrer Vertreter einbekannt: „Einige von uns sind schuldig geworden am inneren Tod anderer Menschen“, einige hätten sich der Körper der Schwächsten bemächtigt, sagte der Kardinal etwa.
Nicht nur im Interesse der Opfer muss die Kirche jetzt rasch handeln. Sondern auch, um selbst erklärten Sammelklägern und anderen, die sich in der Missbrauchsaffäre in unqualifizierter Weise zu Wort melden, das Feld nicht allein zu überlassen. Das Angebot kann nur heißen: Jeder Einzelfall wird geprüft, unabhängig und schnell.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2010)