Türkis-blaue Pflegepläne: "Was braucht der einzelne Mensch?"

APA/HANS PUNZ
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Bis Ende des Jahres will die Koalition die gesetzlichen Grundlagen für eine Reform des Pflegebereichs auf den Boden bringen. Wie genau diese aussehen wird? In Dialogen und mit einer Studie sollen Antworten gefunden werden.

Zwei Tage, viele Themen: Die Bundesregierung hat am Freitag ihre Klausur im niederösterreichischen Mauerbach beendet. Und zwar mit einer gemeinsamen Pressekonferenz von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) und Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP). Der Grund: Nach den Plänen für die Steuerreform und im Digitalbereich wurden nun die Vorhaben im Pflegebereich präsentiert. Konkret will Türkis-Blau einen "Pflegedialog" führen, um auf nationaler und internationaler Ebene nach "best practice"-Modellen zu suchen und bis Jahresende gesetzliche Grundlagen zu schaffen.

"Was braucht der einzelne Mensch, um gepflegt zu werden?", so laute die Frage, die im Laufe des Jahres beantwortet werden solle, meinte die Sozialministerin. Jedenfalls eine "personalisierte Beurteilung" seiner Situation, digitale Unterstützung und gut ausgebildete Pfleger, prophezeite sie. Daher sei es Türkis-Blau ein Anliegen, gerade Jungen zu vermitteln, "dass es etwas Schönes ist, Menschen pflegen zu dürfen, ihnen helfen zu dürfen". Dazu bedürfe es einer Reform der Ausbildung, aber auch "Optimierungen" in puncto Bezahlung, ergänzte Strache.

Detaillierte Maßnahmen blieb Hartinger-Klein dann noch schuldig. Sie habe vor, "alle Systempartner im Pflegebereich" ins Boot zu holen, verwies sie etwa auf die Bundesländer, Gemeinden, das Parlament, die Caritas, das Rote Kreuz, die Ärztekammer, die Fachverbände oder die Heimleitungen. Nie zuvor habe es eine Regierung gegeben, die eine Pflegereform so ganzheitlich angegangen sei, meinte die Ressortchefin.

Pflegeversicherung? Finanzierung?

Im Zuge dieser Gespräche sollen "best practice"-Modelle innerhalb Österreichs ausgeforscht werden, zugleich werde es eine Studie geben, die sich mit Modellen auf internationaler Ebene beschäftigen wird, um auch die "bestmögliche" Finanzierungsmethode zu finden. Aktuell würden insgesamt etwa fünf Milliarden Euro für die Pflege ausgegeben.

Ob es eine Art Pflegeversicherung geben werde? "Das schauen wir uns an", so Hartinger-Klein, in Deutschland gebe es so etwas, die Erfahrungen damit seien aber nicht die besten.

Ähnlich unkonkret blieben Kanzler Kurz und Vizekanzler Strache. Sie betonten mehrfach, dass man die Verantwortung habe, dass Menschen in Österreich in Respekt altern könnten. Entsprechende Rahmenbedingungen werde man schaffen und zeitnahe präsentieren. Einen Seitenhieb setzte es in Richtung SPÖ: Die "Sozialisten haben uns Baustellen hinterlassen", kritisierte Strache, daher habe man sich vorgenommen, auch im Pflegebereich "aufzuräumen".

SPÖ pocht auf Gespräche, Neos sprechen mit Kdolsky 

Enttäuscht von den Ankündigungen der Regierung in Sachen Pflege zeigte sich die SPÖ. Sozialsprecher Josef Muchitsch ortete am Freitag eine reine "Ankündigungsshow" und forderte die Koalition auf, unverzüglich in Gespräche mit den Parlamentsparteien einzutreten.

Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker kündigte an, dass seine Partei mit Ex-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky ein Konzept ausarbeiten werde. Den Betroffenen sei jedenfalls nicht geholfen, nur weil die Bundesregierung schon wieder ankündige, dass sie jetzt aber wirklich mit einem Dialog zur Pflegereform anfangen wolle, meinte er.

(Red.)

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