Hirschers Liebe zur Herausforderung

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Adelboden zählt Marcel Hirscher zu seinen Lieblingsorten, siebenmal hat er auf dem steilen Chuenisbärgli schon triumphiert. Am Wochenende kann er dort seine nächsten Rekorde setzen.

Adelboden/Wien. Während viele österreichische Skiorte im meterhohen Schnee versinken, sind im Schweizer Adelboden in den letzten Tagen überschaubare 45 cm gefallen. Auch das bedeutetet Extraschichten für die Organisatoren, damit sich das Chuenisbärgli im Riesentorlauf der Herren heute (10.30/13.30 Uhr, live, ORF eins) und im Slalom am Sonntag wieder von seiner besten und damit forderndsten Seite zeigen kann. Die Piste im Berner Oberland ist nicht nur ein Klassiker im Weltcupprogramm – das jährliche Rennen gibt es schon seit 1958 –, sondern auch eine der anspruchsvollsten im ganzen Winter: Start- und Zielhang weisen bis zu 60 Prozent Gefälle auf, viel schwieriger geht es kaum.

Herausforderungen wie jene am Chuenisbärgli sind ganz nach dem Geschmack Marcel Hirschers. Adelboden zählt neben Val d'Isère und Alta Badia zu seinen Lieblingsstrecken im Weltcup. „Das Ambiente ist wundervoll, die Landschaft wunderschön, die Strecke steil und selektiv“, erklärte der Salzburger einmal seine Liebe zu diesem Berg. Und diese wird von Erfolg gekrönt: Im Vorjahr feierte Hirscher hier zum zweiten Mal das Double, insgesamt hat er schon siebenmal gewonnen, dreimal im Riesentorlauf (2012, 2015, 2018) und viermal im Slalom (2012, 2013, 2014, 2018). An diesem Wochenende könnte er gleich mehrfach Geschichte schreiben. Denn noch öfter, nämlich achtmal, hat er nur in Alta Badia triumphiert und hält damit gemeinsam mit Ingemar Stenmark (Madonna) und Aksel Lund Svindal (Lake Louise) den Rekord für die meisten Siege an einem Weltcuport. Seit 2010 ist der ÖSV-Star in Adelboden jedes Jahr in zumindest einem Rennen auf das Podest gefahren und könnte mit zwei weiteren Stockerlplätzen die eigene (Val d'Isère) und mit Svindal geteilte Bestmarke von 15 Stück übertreffen.

Suche nach der Sicherheit

Vor Weihnachten ist Hirschers eindrucksvolle RTL-Serie von 18 Podestplätzen in Folge ausgerechnet in Saalbach zu Ende gegangen. Adelboden könnte heute den Beginn einer neuen Serie markieren, denn letztmals die Top drei zweimal in Folge verpasst hat er vor fünf Jahren. Nach der alten Sicherheit suchte Hirscher in den letzten Tagen beim Training in der Heimat. Die Hangbesichtigung ließ er aus diesem Grund aus und reiste später in die Schweiz an. Zuletzt in Zagreb hatte der siebenmalige Gesamtweltcupsieger trotz des Slalomsiegs mit sich gehadert und die Selbstverständlichkeit vergangener Tage vermisst.

„Ein gutes Gefühl beim Fahren hatte ich zuletzt in Alta Badia. Da wusste ich während der Fahrt, dass ich schnell bin, und hatte eine richtige Freude dabei. Momentan fehlt diese Sicherheit“, schrieb der 29-Jährige im jüngsten Blogeintrag. In absoluten Zahlen ist die gefühlte Krise überschaubar: Von den folgenden fünf Rennen gewann der Annaberger immerhin zwei und sammelte 276 Punkte für die Gesamtwertung, in der Verfolger Henrik Kristoffersen mehr als 300 Zähler zurückliegt.

In Adelboden erwartet Hirscher und Kollegen wieder ein Hexenkessel mit über 20.000 Zuschauern. Die Schweizer Hoffnungen ruhen auf Loïc Meillard und Marco Odermatt. Doch auch der nächste Hirscher-Sieg würde dem Volksfest keinen Abbruch tun, sind die Fans dort doch für ihre Fairness berühmt. Jeder Läufer wird, sobald er in den steilen Schlussabschnitt einfährt und damit ins Blickfeld kommt, ins Ziel getragen.

Die Gewinner bekommen traditionell eine Kuhglocke in Übergröße überreicht. Die Originale an echten Tieren gibt es am Chuenisbärgli übrigens im Sommer zu sehen, wenn Kühe und Ziegen auf dem Hang weiden. Dieser ist nämlich in Privatbesitz, ein Gebrüderpaar bewirtschaftet die Alm und produziert in traditioneller Handarbeit rund 600 kg Käse.

AUF EINEN BLICK

Marcel Hirscher könnte heute im Riesentorlauf und am Sonntag im Slalom (jeweils 10.30/13.30 Uhr, live, ORF eins) seine Siege Nummer acht und neun in Adelboden holen. Damit würde der Annaberger ebenso wie mit zwei Podestplätzen neuen Weltcuprekord schreiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2019)

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