Was plant die Koalition in den kommenden Jahren? Vor allem eine Steuerentlastung. Bis dahin müssen aber noch einige Punkte geklärt werden.
Mauerbach. Um Details sollte es bei der Regierungsklausur ohnehin nicht gehen, also blieb Hubert Fuchs gleich so richtig vage: „Es wird sehr, sehr viel Geld kosten“, sagt der Finanzstaatssekretär (FPÖ) am Freitag im niederösterreichischen Mauerbach. Aber das teure Projekt, also die Abschaffung der kalten Progression, soll ohnehin erst 2022 fixiert werden. Für die türkis-blaue Regierung hat das gleich zwei Vorteile: Im Wahlkampfjahr kann sie die Bürger mit einer Entlastung locken, wenn die Steuertarifstufen in Zukunft an die Inflation angepasst werden. Und die sehr, sehr dringend benötigte Gegenfinanzierung wird erst in der kommenden Legislaturperiode fällig. Ob das nicht die nächste Regierung betreffe? „Ja“, sagt Fuchs. „Und die sind wir.“
Für das laufende Jahr hat die Koalition aber auch Pläne. Und wenn schon keine Details, dann zumindest einen Fahrplan. Die Ergebnisse der Klausur.
Steuern
Im nächsten Jahr sollen Steuern und Abgaben gesenkt werden, und zwar in einem Umfang von einer Milliarde Euro. Wer wenig verdient und dadurch kaum Lohnsteuer zahlt, soll dadurch profitieren. Der Großteil des Betrags fällt auf Sozialversicherungsbeiträge: Sie werden im Umfang von insgesamt 700 Millionen Euro gestrichen. Ab 2021 soll die Lohnsteuer schrittweise gesenkt werden, vor allem die unteren Tarifstufen. Bis 2022 soll das Entlastungsvolumen auf insgesamt 4,5 Milliarden Euro ansteigen.
In Zukunft soll es steuerlich auch keinen Unterschied machen, ob man sich eine Zeitung, ein Buch oder ein E-Book kauft: Die Mehrwertsteuer bei digitalen Publikationen wird an jene von analogen Produkten angepasst und von 20 auf 10 Prozent gesenkt.
Dafür soll ab dem nächsten Jahr eine Digitalsteuer für Großkonzerne, die weltweit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz machen (und davon mindestens zehn Millionen Euro in Österreich) eingeführt werden: Die Abgabe soll drei Prozent des Onlinewerbeumsatzes ausmachen. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) versichert, dass nur Internetriesen aus den USA zur Kasse gebeten würden. Genau daran zweifelt aber Alexandra Vetrovsky-Brychta, Vizepräsidentin des IAB, der Interessenvertretung der digitalen Kommunikationswirtschaft. Will die Regierung wirklich nur Großkonzerne mit diesem bestimmten Umsatz besteuern, kommt sie nämlich nicht ansatzweise in die Nähe der angepeilten Einnahmen. 2017 wurden in Österreich in Summe 661 Millionen Euro für Onlinewerbung ausgegeben. Nur 40 Prozent davon flossen an die großen US-Konzerne. „Wir wollen eine Garantie, dass die Steuer nicht letztlich doch die heimischen Unternehmen treffen wird, damit die Regierung irgendwie ihr Steuerziel erreicht“, fordert Vetrovsky-Brychta. Eine Abwanderungswelle der Branche sei aus ihrer Sicht ohnedies zu befürchten: „Um Onlinewerbung an Österreicher auszuspielen, muss ich schließlich nicht im Land sitzen und hier meine Umsätze generieren.“
Pflege
Schon im Dezember präsentierte die Regierung einige Eckpunkte ihres „Masterplans“ für den Pflegebereich, die Details sollen ab jetzt verhandelt werden und bis Jahresende feststehen. Gespräche werden allerdings nicht nur auf Regierungsebene, sondern mit sämtlichen Involvierten geführt – also den Ländern, Gemeinden und den NGOs. Die Koalition will vor allem die Pflege zu Hause verbessern und erleichtern, wobei die Umsetzung noch nicht ganz klar ist. Das Pflegegeld soll ebenfalls angehoben werden, wahrscheinlich aber nur bei den höheren Pflegestufen. Wie der gesamte Bereich finanziert wird, soll ebenfalls in den kommenden Monaten geprüft werden. Derzeit kommen die Mittel aus dem Steuertopf des Bundes. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) will sich internationale Modelle ansehen. In Deutschland habe man mit einer eigenen Pflegeversicherung allerdings weniger gute Erfahrungen gemacht, sagt sie. Unabhängig von der Finanzierung und Bezahlung brauche der Pflegeberuf außerdem einen besseren Ruf. Die Regierung will daher an einer Imagekampagne arbeiten.
Digitalisierung
Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) versuchte, die Reformen fast philosophisch zu verkaufen: „Wir sind analoge Wesen in einer digitalen Welt, die beiden Welten müssen wir nun näherbringen.“ Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte es pragmatischer: Ab März sollen die wichtigsten Amtswege via Handy erledigt werden können, zum Beispiel die Namensgebung nach der Geburt. Die Bürgerplattform oesterreich.gv.at soll zu diesem Zeitpunkt online gehen. Und auch Unternehmen könnten bald weniger Formulare ausfüllen: Mehrfachauskünfte an Behörden sollen entfallen und nur ein Mal eingereicht werden. Firmen müssten derzeit immerhin 230 Millionen Mal Informationen an den Staat weitergeben.
Auf einen Blick
Die Bundesregierung war am Donnerstag und Freitag zum dritten Mal auf Regierungsklausur, dieses Mal wieder im niederösterreichischen Mauerbach. Neben Digitalisierung und Pflege war vor allem eine geplante Steuerreform Thema: Im Jahr 2020 sollen Steuern und Abgaben um eine Milliarde Euro sinken. Der Einnahmenverlust soll den Sozialversicherungen aus dem Bundesbudget ersetzt werden. Für 2021 und 2022 kündigt die Koalition dann weitere Steuersenkungen um 3,5 Milliarden Euro an. Unter anderem sollen die Lohnsteuern sinken. Details gibt es allerdings noch nicht, sie sollen in den kommenden Wochen folgen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2019)