Nordmazedonien kommt in Sicht

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MACEDONIA-GREECE-NAME-PROTESTAPA/AFP/ROBERT ATANASOVSKI
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Das mazedonisches Parlament segnete Freitagabend die Verfassungsänderung zur Staatsumbenennung ab. Es fehlt aber noch grünes Licht aus Athen.

Belgrad/Skopje. Nicht nur in Skopje und Athen, sondern auch in Brüssel polterten am Freitagabend tonnenweise Steine der Erleichterung von besorgten Politikerherzen. Nach langem Tauziehen segnete Mazedoniens Parlament mit 81 von 120 Stimmen, also mit der benötigten Zweidrittelmehrheit, die Verfassungsänderung für den Namensdeal mit Griechenland ab. Sofern auch noch das griechische Parlament seinen Segen gibt, steht der Umbenennung des Balkanstaats nicht mehr im Wege: Dem seit 1991 unabhängigen Mazedonien dürfte als Nordmazedonien damit der bisher von Athen versperrte Weg in die EU und Nato geebnet werden. Zur „Entschlossenheit und Tapferkeit, den einzigartigen und historischen Moment zur Beilegung eines der ältesten Konflikte in der Region zu nutzen“, gratulierte EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini den mazedonischen Volksvertretern.

Ex-Premier als Justizflüchtling

Aus dem fernen Budapest hatte sich am Vorabend der Abstimmung der prominenteste Justizflüchtling des Balkanstaats zu Wort gemeldet. Vor einer „nationalen Katastrophe“ warnte per Facebook Ex-Premier Nikola Gruevski, der sich im November einer Gefängnisstrafe durch die von ungarischen Diplomaten organisierte Flucht in die Asylobhut seines Gesinnungsfreundes Viktor Orban entzogen hatte: Die Änderung des Landesnamens in Nordmazedonien werde auch die Identität und Geschichte des mazedonischen Volkes ändern. Die Warnungen des tief gefallenen Ehrenvorsitzende der nationalpopulistischen VMRO aus dem ungarischen Asyl fanden kein Gehör: Auch dank der Stimmen von acht Dissidenten der ehemaligen Regierungspartei hat der Namensdeal die wohl schwierigste Klippe umschifft.

Mit Verweis auf die gleichnamige griechische Provinz pochte Athen schon seit 1991 auf die Umbenennung Mazedoniens. Umgekehrt forderte Skopje schon seit Jahren ein Ende der griechischen EU- und Nato-Blockade. Obwohl Mazedoniens Premier Zoran Zaev und sein griechischer Amtskollege Alexis Tsipras nun bereits als Anwärter für den Friedensnobelpreis gehandelt werden, ist das von ihnen im vergangenen Juni am Prespasee vereinbarte Abkommen zur Beilegung des seit über einem Vierteljahrhundert wütenden Namensstreits der beiden Nachbarn noch nicht in trockenen Tüchern. Im griechischen Parlament steht die benötigte einfache Mehrheit zur Absegnung des Vertragswerks noch keineswegs fest: Wegen des Widerstands seines rechtspopulistischen Koalitionspartners Anel ist Tsipras auf Stimmen oppositioneller Abgeordneter angewiesen.

Obwohl es in Mazedonien vor allem nationalistische Kräfte sind, die sich heftig gegen die Umbenennung ihres Landes wehren, hatte ausgerechnet eine Kleinpartei der albanischen Minderheit die nötige Verfassungsänderung fast noch scheitern lassen. Bis zuletzt hatte die oppositionelle Albanerpartei BESA mit Verweis auf die Identität der Minderheiten auf die Streichung des Begriffs der „mazedonischen Staatsbürgerschaft“ gepocht. Wegen der noch nicht gesicherten Zweidrittelmehrheit war in dieser Woche die Ansetzung der Abstimmung in Mazedoniens Parlament mehrmals vertagt worden. Erst am Freitagnachmittag konnte sich Zaev mit Besa auf einen Kompromiss verständigen: In der albanischen Übersetzung der Verfassung wurde auf das Adjektiv mazedonisch verzichtet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2019)

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