Kommt die elfte Gewinn-Rezession seit 1968?

Experten schraubten ihre Gewinnerwartungen vor allem für den Technologiesektor merklich zurück.
Experten schraubten ihre Gewinnerwartungen vor allem für den Technologiesektor merklich zurück.APA/AFP/BRYAN R. SMITH
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Das besagte Phänomen zeigt sich selten. Aber selbst wenn es auch heuer nicht passiert, könnte es sich so anfühlen.

Auch wenn die Börsen recht gut in das neue Jahr gestartet sind: Gemeinhin wird es doch von diversen Wolken überschattet werden. Eine Konjunkturabschwächung in China etwa gilt als fix. Auf globaler Ebene ebenso. Ganz zu schweigen davon, was an rein politischen Erschütterungen noch dazukommt.

Vor diesem Hintergrund beginnt sich bei Investoren sogar die Angst vor einem Phänomen breitzumachen, das es eigentlich nur selten gibt. Sein Name: die Gewinn-Rezession – konkret bei US-Firmen.

Von einem solchen Phänomen sprechen Börsianer, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen die Firmengewinne im Schnitt niedriger ausfallen als vor Jahresfrist. „Sie können wetten, dass das auf dem Radar ist“, sagt etwa Hugh Johnson, Investmentchef bei Hugh Johnson Advisors, gegenüber Reuters: Insbesondere Apples enttäuschender iPhone-Absatz in China habe diese Ängste geschürt.

Bereits vor Apples Hiobsbotschaft vorige Woche hatten Analysten ihre Schätzungen für die Firmenergebnisse 2019 deutlich zurückgenommen. Nachdem sie Anfang Oktober noch mit einem Gewinnanstieg von durchschnittlich über zehn Prozent gerechnet hatten, gingen sie zuletzt nur von plus 6,8 Prozent aus. Für die erste Jahreshälfte wird sogar ein noch deutlich langsameres Wachstum erwartet.

Außer für die Energiebranche, der die niedrigen Ölpreise zu schaffen machen, schraubten Experten vor allem ihre Gewinnerwartungen für den Technologiesektor merklich zurück. Im entsprechenden Index S&P 500 Tech notierte Firmen dürften in den ersten drei Quartalen im Schnitt sinkende Ergebnisse präsentieren, wie Daten des Informationsdienstleisters Refinitiv zeigen. 2018 konnte die Tech-Branche noch Gewinnzuwächse von mehr als einem Fünftel vorweisen. Dazu trug auch der Sondereffekt der US-Steuersenkungen bei.

Angesichts der weiterhin robusten US-Konjunktur halten viele Aktienstrategen eine Gewinn-Rezession 2019 aber doch für sehr unwahrscheinlich. Seit 1968 gab es das Phänomen bei den Firmen im S&P-500-Index zehnmal. Die längste Gewinn-Rezession fiel in die Zeit der Finanzkrise. Und überhaupt seien Gewinn-Rezessionen „außerhalb einer Wirtschafts-Rezession sehr selten“, sagt der Chef des Vermögensverwalters Fiduciary Trust, Hans Olsen: „Ich glaube nicht, dass wir eine weitere Gewinn-Rezession haben werden, aber es fühlt sich vielleicht wie eine Rezession an.“ [Reuters/est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2019)

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