Der Fall Schwarz selbst, aber auch das Dilettieren der katholischen Kirche im Umgang damit macht sprachlos.
Geht es um Kritik an der Regierung, wie zuletzt erst beim Thema Mindestsicherung, erweisen sich Kirchenvertreter als mutig. Warum denn auch nicht? Derselbe Mut fehlt nur plötzlich, wenn es um ureigene Angelegenheiten geht. So geschehen rund um den Fall Alois Schwarz.
Es ist weder der Sache noch den handelnden Personen und schon gar nicht der Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche dienlich, wenn hohe und höchste Amtsträger zu einer Causa schweigen, die Katholiken landauf, landab mindestens so intensiv beschäftigt wie türkis-blaue Mindestsicherungspläne. Wenn bei einer ORF-III-Diskussion über die Vorwürfe gegen den St. Pöltner Bischof Schwarz der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Generalsekretär, selbst der Pressesprecher (!) eine Teilnahme absagen – was bedeutet das? Sind die Genannten erkrankt? Ohne, dass es die Öffentlichkeit erfahren hätte, abgetreten oder abberufen? Kennen sie ihre „job description“ nicht? Was sagt das beredte Schweigen der sonst beredten Männer? Erinnerungen an das Schweigen Kardinal Hans Hermann Groërs werden wach. Die Kirche hat kommunikationstechnisch nichts gelernt. Gar nichts.
Diese Sprachlosigkeit macht sprachlos. Die Ausrede, es gelte die am Montag beginnende päpstliche Visitation abzuwarten, darf nicht durchgehen. Rom wird doch nicht den Bischöfen ein Schweigegelübde, um nicht das hässliche Wort Maulkorb zu verwenden, verhängt haben. Die Kirche will als Akteur ernst genommen werden. Dann hat sie auch Rede und Antwort zu stehen, Gesprächsangebote zu machen, selbst wenn sie nicht auf alles Antworten hat, selbst wenn es unbequem wird. Man kann nicht nicht kommunizieren: Steht zwar nicht in der Bibel, aber bei Paul Watzlawick.
Der Fall Schwarz ist nicht nur eine Kommunikationskatastrophe. Er legt institutionelle Probleme bloß. Ein Bischof kann, wenn er denn will, heute wie weiland ein Fürsterzbischof agieren. Und wie das Alois Schwarz laut Urteil der Diözese in Teilbereichen (das gebietet die Fairness) getan hat. Einem Bischof kommt als Nachfolger der Apostel die oberste Hirten-, Lehr- und Jurisdiktionsgewalt der Diözese zu. Das kann bei entsprechender Disposition zu Kopf steigen. Er ist im Grunde niemandem Rechenschaft schuldig. Rom? Weit weg, 4800 über die Welt verstreute Bischöfe sind von dort aus unkontrollierbar. Laien wie Priester haben keine Frage- oder Antragsrechte. Eine Abwahl oder ein Antrag aus der Ortskirche für ein Verfahren, das in eine Abberufung münden kann, ist nur erträumbar.
Harter Schnitt: Gestern im Kino gewesen? Das Filmchen gesehen, das für den Kirchenbeitrag wirbt? Die Kirche ist da als Jukebox dargestellt – ein schiefes Bild. Denn es wird zwar Geld (Kirchenbeitrag) in die Jukebox (Kirche) geworfen. Nur wird nicht immer gespielt, was die Zahlenden wollen.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2019)