Zugeständnisse an "Gelbwesten" sind Bürde für Anleihen

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Die finanziellen Zugeständnisse Frankreichs an die "Gelbwesten"-Protestbewegung haben höhere Staatsverschuldung zur Folge. Der Risikoaufschlag zehnjähriger französischer Bonds zu vergleichbaren deutschen Titeln steigt auf den höchsten Stand seit fast zwei Jahren.

Die finanziellen Zugeständnisse Frankreichs an die "Gelbwesten"-Protestbewegung versetzen Anleihe-Anleger in Unruhe. Sie fürchten, dass vor allem südeuropäische Staaten dem Beispiel folgen und den Unmut von Bevölkerungsteilen mit kostspieligen Versprechen besänftigen. Das käme in der Haushaltsführung einer Wende gleich, sagt Frederik Ducrozet vom Vermögensverwalter Pictet Wealth Management. Denn eine höhere Staatsverschuldung bedeutet auch ein steigendes Volumen von Anleihe-Emissionen. Dies würde auf die Kurse drücken und im Gegenzug die Renditen in die Höhe treiben, wodurch sich die Zinsbelastung der Staaten zusätzlich erhöht. Experten zufolge könnten so Sorgen geschürt werden, dass einige Staaten unter der Schuldenlast zusammenbrechen.

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hat zuletzt nach wochenlangen und gewaltsamen Protesten unter anderem eine Anhebung des Mindestlohns und Steuererleichterungen für Rentner versprochen. Die Mehrausgaben von bis zu zehn Milliarden Euro will er durch die Ausgabe zusätzlicher Anleihen finanzieren. Dadurch wird sein Land im laufenden Jahr wohl die EU-Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung reißen. Den Plänen zufolge kommen 2019 netto zusätzliche französische Schuldscheine im Volumen von 200 Milliarden Euro auf den Markt - so viel wie noch nie.

Anleihe-Anleger haben bereits reagiert: Der Risikoaufschlag zehnjähriger französischer Bonds zu vergleichbaren deutschen Titeln stieg auf den höchsten Stand seit fast zwei Jahren. Der sogenannte Spread liegt mit etwa einen halben Prozentpunkt doppelt so hoch wie noch vor einem halben Jahr.

Frankreich als Blaupause für Italien?

"Die Lockerung der Finanzpolitik wird populistischen Kräften in ganz Europa Auftrieb verleihen, allen voran in Italien", warnt Volkswirt Tristan Perrier vom Vermögensverwalter Amundi. Die Regierung in Rom lieferte sich zuletzt bereits einen monatelangen Schlagabtausch mit der EU-Kommission über die Höhe der geplanten Neuverschuldung in diesem Jahr. Mit rund zwei Billionen Euro hat das südeuropäische Land in absoluten Zahlen den höchsten Schuldenberg der Euro-Zone aufgetürmt. Zum Vergleich: Deutschland, dessen Volkswirtschaft fast doppelt so groß ist, kommt auf etwa 1,6 Billionen Euro. In Spanien hob die Regierung in Madrid den Mindestlohn um 22 Prozent an - so stark wie zuletzt vor mehr als 40 Jahren.

Die Analysten der Investmentbank Goldman Sachs argumentieren jedoch, dass steigende Staatsausgaben der abflauenden Konjunktur neuen Schwung verleihen könnten. Sie halten für 2019 ein zusätzliches Wachstum von bis zu 0,4 Prozentpunkten für möglich. Karen Ward, Chef-Anlagestrategin der Vermögensverwaltung der US-Großbank JP Morgan, ergänzt, höhere Staatsausgaben seien gut, wenn sie dem produktiven Potenzial einer Volkswirtschaft nutzten. Das Problem sei aber, dass dies bei den Versprechen von Politikern meist nicht der Fall sei. "In diesem Falle müssen wir uns um den Anstieg der Verschuldung Sorgen machen."

(Reuters)

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