"Idiotie, den Faktor Arbeit zu belasten, weil es keine Erbschaftssteuern gibt"

Karl Aiginger
Karl AigingerDie Presse (Clemens Fabry)
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Der ehemalige Wifo-Chef Karl Aiginger tritt mit seiner "Querdenkerplattform: Wien - Europa" für eine Senkung der Abgabenquote in der EU ein.

Der Gründer und Chef der "Querdenkerplattform: Wien - Europa", Karl Aiginger, ist am Montag auf die Zukunft Europas im "doppelten Wahljahr 2019" eingegangen. Schließlich werde heuer nicht nur ein neues EU-Parlament gewählt, sondern auch eine Strategie für die Zukunft Europas, so der Wirtschaftsprofessor vor Journalisten im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien. Dabei ergebe sich für Österreich "eine interessante Situation, weil eine populistische Partei in der Regierung sitzt und der Kanzler ein 'rising Star' in Europa ist".

Die EU könne aus einer Krise heraus jedenfalls stärker werden, sagt Aiginger. Die Umbruchstimmung gehöre von der EU genutzt, um intern mehr Gleichheit zu schaffen. Unter anderem tritt er dafür ein, die Abgabenquote senken. Hierbei sei es prinzipiell "eine Idiotie, den Faktor Arbeit zu belasten, weil es keine Erbschaftssteuern gibt - ein glatter Wahnsinn". Europa könne eine klar definierte Bemessungsgrundlage in Form einer Richtlinie fixieren: "Eine Erbschaftssteuer, die sich nach den letzten 20 Steuererklärungen bemisst, würde dazu führen, dass nur jemand zahlt, der hohe Einkommen hat", sagte Aiginger.

Auch bei der Bildung müsse man ansetzen und hier mehr Gleichheit schaffen. Die EU müsse sich auch bemühen, im Kampf gegen den Klimawandel technologieführend zu werden - etwa in der Elektromobilität. Weniger glücklich ist er mit dem Anhebung des Tempolimits auf Autobahnen: "Zu sagen, 140 Stundenkilometer sind eh okay, weil sie nur ein, zwei Prozent mehr Emissionen verursachen ist ein Schritt in die falsche Richtung. Kleine Schritte in die falsche Richtung dürfen nicht bagatellisiert werden."

Mehr in Afrika investieren

Von außen lähmend wirken laut Aiginger die USA und Russland respektive deren Präsidenten Donald Trump und Wladimir Putin auf die EU ein. "Denn ihnen wäre es lieber, wenn die EU zerbrechen würde. Je weniger geeint die EU ist, desto stärker ist ihre Position", sagte Aiginger.

Von außen motivierend könne hingegen das Aufstreben Chinas zur Weltmarkt sein und auch, dass Afrika erwache. "Die neue Position, die sich für Europa dadurch ergibt, kann positiv sein; man könnte im neuen Weltgefüge eine Rolle spielen." In Afrika müsse die EU grundsätzlich mehr investieren, ohne mit erhobenen Finger aufzutreten, mahnte der frühere Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). Von den dortigen Wachstumsraten könne die EU profitieren. China müsse trotz gewisser Eigenheiten als Partner betrachtet werden, mit dem man "reden und Verträge schließen muss".

EU-intern negativ seien der Populismus und das Schimpfen auf Brüssel sowie die Differenzen zwischen West und Ost sowie Nord und Süd. Intern motivierend sei der Brexit, denn noch nie sei Europa in einer Antwort so geeint gewesen wie in jener auf den britischen EU-Austritt. Positiv sei auch die Jugend, die aufwache und für die EU sei.

(APA)

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