Antisemitismus-Vergleich: Vatikan rudert zurück

Vergleich Kirchenkritik Antisemitismus Vatikan
Vergleich Kirchenkritik Antisemitismus Vatikan
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Der Hausprediger des Papstes zog beim Karfreitagsgottesdienst heikle Parallelen zwischen der Kritik an der Kirche und dem Antisemitismus. Der Juden reagieren empört, der Vatikan distanziert sich von dem Vergleich.

Vatikanstadt. Die katholische Kirche scheint auch zu Ostern, dem höchsten christlichen Fest, von Gott und Glück verlassen zu sein: Als wäre nicht schon der gigantische Wirbel genug, den der Skandal um zahllose sexuelle Übergriffe und andere Misshandlungen an Minderjährigen in katholischen Einrichtungen in vielen Ländern ausgelöst hat, verglich am Karfreitag auch noch der Hausprediger des Papstes, Pater Raniero Cantalamessa, die aktuelle Kritik an der Kirche mit dem Antisemitismus.

Pater Raniero, ein Kapuziner und namhafter italienischer Theologe, hatte beim abendlichen Karfreitagsgottesdienst in Anwesenheit Benedikts XVI. gesagt, dass „die Stereotypen und das Verschieben persönlicher Verantwortung und Schuld hin zu einer Kollektivschuld an beschämendste Aspekte des Antisemitismus erinnern.“ Dabei gab er an, mit diesen Worten einen jüdischen Freund von ihm zu zitieren.

Würdenträger des Judentums reagierten empört: Es sei eine „Frechheit“ sowie „widerwärtig und obszön und beleidigend gegenüber den Missbrauchsopfern und den Opfern der Shoah“, so der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer. Aus Tätern sollten jetzt wohl Opfer gemacht werden. Der Oberrabbiner von Rom, Riccardo di Segni, meinte, er habe diesen Vergleich „ungläubig“ aufgenommen.

Der Sprecher des Vatikans, Federico Lombardi, distanzierte sich am Samstag von dem Vergleich und bedauerte ihn. Zudem dementierte er, dass die Anregung zu der Predigt von Pater Raniero aus dem päpstlichen Umfeld gekommen sei. Im Übrigen habe der Vergleich „Zeugnis der Solidarität“ mit der Kirche von Seiten eines Juden sein sollen.

Indes hat sich Raniero dafür entschuldigt, die Angriffe auf Benedikt XVI. und die Kirche wegen des Missbrauchsskandals mit dem Antisemitismus verglichen zu haben. Er habe weder die Gefühle der Juden noch die der Opfer von Pädophilie verletzen wollen, sagte der Pater der Mailänder Zeitung "Corriere della Sera". Niemand habe vorher gewusst, auch der Papst nicht, dass er aus diesem Brief zitieren würde. Er habe die Worte des jüdischen Freundes als Solidarität mit Benedikt gewertet.

Die Osterfeierlichkeiten in Rom wurden in der Nacht auf Sonntag mit der Osterwache fortgesetzt. Heute Sonntag, münden sie in die traditionelle Messe auf dem Petersplatz ab etwa 10.15 Uhr und den Segen „Urbi et Orbi“ zur Mittagszeit.

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