Terrorserie im Nordkaukasus nimmt Polizisten ins Visier

Terrorserie Nordkaukasus nimmt Polizisten
Terrorserie Nordkaukasus nimmt Polizisten(c) EPA (IGOR KHARITONOV)
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Eine Woche nach den Terroranschlägen scheint sich zwar nun auch die Identität der zweiten Selbstmordattentäterin zu klären. Währenddessen aber geht die Anschlagsserie im Nordkaukasus wie am laufenden Band weiter.

MOSKAU. Russland kommt nicht zur Ruhe. Eine Woche nach den zwei Terroranschlägen in der Moskauer U-Bahn scheint sich zwar nun auch die Identität der zweiten Selbstmordattentäterin zu klären. Währenddessen aber geht die Anschlagsserie im Nordkaukasus wie am laufenden Band weiter.

Nachdem am Sonntag in der Republik Dagestan ein Güterzug durch zwei Detonationen entgleist war, sprengte sich gestern ein Selbstmordattentäter vor einem Polizeihauptquartier in Inguschetien in die Luft und riss zwei Polizisten mit in den Tod. Die Jagd auf Polizisten ist mittlerweile ein Charakteristikum des terroristischen Islamistenuntergrunds im Nordkaukasus. Allein in der Vorwoche starben zwölf Polizisten.

Fromme Lehrerin als Terroristin?

In der Moskauer U-Bahn hingegen mussten vorige Woche 40 einfache Bürger ihr Leben lassen; 81 liegen nach wie vor verletzt im Krankenhaus. Wie die Drahtzieher ihr Terroristennetzwerk nach Jahren wieder bis nach Moskau organisieren, ist seit gestern rätselhafter denn zuvor: Wie die Zeitung „Nowaja Gaseta“ am Montag berichtete, handle es sich bei der zweiten Attentäterin von Moskau nicht – wie bisher kolportiert – um ein 20-jähriges Mädchen, sondern um eine 28-jährige Lehrerin namens Marjam Scharilowa aus einem Dorf in Dagestan.

Wie ihr Vater Rasul Magomedow gegenüber der Zeitung angab, hätten er und seine Frau die Tochter auf den im Internet verbreiteten Fotos der mutmaßlichen Täterin sofort erkannt. Die junge Frau mit Hochschulausbildungen in Mathematik und Psychologie sei zwar „fromm“ gewesen, habe aber nie irgendwelche radikalen Ansichten geäußert, sagte Magomedow. Zudem habe sie bis zum Schluss bei ihren Eltern gelebt. Und dass sie vor Kurzem einen militanten Islamisten geheiratet habe, wie Sicherheitskräfte ihm mitgeteilt hätten, habe sie selbst dementiert.

Noch am Vortag des Anschlags sei sie mit ihrer Mutter auf dem Markt gewesen, danach angeblich zu einer Freundin gegangen und habe von dort angerufen, dass alles in Ordnung sei. Magomedows Angaben widersprechen insofern der Version der Ermittler, wonach beide Attentäterinnen mit dem Autobus aus dem Kaukasus bis nach Moskau gefahren sein sollen, was mindestens eineinhalb Tage in Anspruch nehmen würde. Die Staatsanwaltschaft bestätigte daher die Identität Scharilowas bisher nicht.

Jagd auf Doku Umarow

Im Falle der zweiten Selbstmordattentäterin, Dschennet Abdurachmanowa, einer 17-jährigen Witwe eines islamistischen Rebellen, laufen die Befragungen der Verwandten auf Hochtouren.

Zum Anschlag in Moskau hat sich Doku Umarow bekannt. Wie die „Sunday Times“ unter Berufung auf westliche Geheimdienstkreise berichtet, befinde sich Umarow unter dem Einfluss des Terrornetzwerks al-Qaida. Der russische Geheimdienst befürchte vermehrte Geiselnahmen und habe deshalb Sondertruppen auf die Jagd nach Umarow entsandt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2010)

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