Wie man sich als Experte positioniert

(c) Marin Goleminov
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So mancher Neo-Selbstständige will sich künftig als Fachexperte durchs Berufsleben schlagen. Dazu braucht er Thema, Reputation und Strategie.

Wer sich einen Namen machen will, muss sein Thema sauber identifizieren. Da ist Ehrenfried Conta Gromberg, der sich mit seiner Frau als Duo auf diesem Gebiet profilierte, ganz strikt. „Man sammelt systematisch jene Themen, zu denen man etwas zu sagen hat, verknappt sie zu einer Shortlist und wählt das stärkste aus.“ Das ist jenes mit der größten Nachfrage von Kunden, die – wichtig! – bereit sind, dafür zu zahlen. Sonst ist das kein Geschäftsmodell.

Das Thema kann, muss aber keine Nische sein. Nischen seien überbewertet, meint Conta Gromberg: „Bedarf geht vor Nische.“

Nächste Frage: Wer sind diese Kunden? Die breite Masse (z. B. für Word-Basiskurse), eine begrenzte Gruppe (z. B. Profikamerabesitzer) oder Individuen (z. B. für Einzelcoachings)? Davon hängt der Preis ab: Je individueller die Leistung, desto teurer das Angebot.

Fünf Expertentypen

Nun könnte unser Experte auf allen Kanälen in den Markt hineintrommeln. Ganz falsch, meint Conta Gromberg, so verzettle er sich nur. Er definiert fünf Expertentypen danach, wie sie ihre Zielgruppen ansprechen.

► Serienautoren schreiben Bücher. Das ist der klassische Weg: ein Buch zum Fachthema veröffentlichen und in der Folge zu wohldotierten Vorträgen und Diskussionen eingeladen werden. Das Buch ist der Türöffner, ob gedruckt oder digital ist Geschmackssache. Beides funktioniert, allerdings verdient der Autor am gedruckten Buch wenig, sofern er es nicht im Eigenverlag herausgibt (was mehr Arbeit macht). Besser: nicht ein Buch, sondern gleich eine Serie konzipieren. So bleibt man auch langfristig im Gespräch.

► Mediensender verbreiten ihre Weisheiten regelmäßig, in kleinen Häppchen und über exakt einen Kanal. Das kann ein Podcast sein, ein Blog oder Vlog (Videoblog) und natürlich ein Social-Media-Kanal. Nie alle auf einmal. Da verliert man den Überblick.

Themenredner sind viel unterwegs. Als Keynote Speaker werden sie gegen Honorar gebucht, was Bekanntheit voraussetzt. Als Eigenveranstalter verdienen sie an den Eintrittskarten zu ihren Events und am Merchandising, wenn sie dort Zusatzprodukte und -leistungen anpreisen. Der Grat zur plumpen Verkaufsveranstaltung ist schmal: In den USA ist das üblich, in Europa verpönt. Was sich dennoch von US-Rednern abschauen lässt: ihre Lockerheit und ihre mitreißende Begeisterungsfähigkeit.

Programmanbieter offerieren keine Einzelimpulse mehr, sondern z. B. komplexe Curricula mit Struktur und Lehrplan. Sie starten mit einer kostenfreien oder sehr günstigen Einstiegsdroge (z. B. Webinar oder Schnupperkurs) und hangeln sich in Inhalt und Preis nach oben. Parallel steigt die Exklusivität. Hier dürfen die Materialien abwechslungsreich sein, etwa Arbeitsbücher, Downloads, Checklisten und Videos. Programmanbieter offerieren gern Membership-Modelle, die für einen definierten Zeitraum Zugang zu ihren Materialien gewähren. Oft ist auch ein Online-Store integriert. Der Höhepunkt eines Curriculums ist ein Präsenztermin mit dem Anbieter. Der muss schon ein Promi sein, damit das dem Kunden imponiert.

Communitybuilder bringen eine Gruppe zusammen, die etwas gemeinsam hat: Fachwissen, Anschauung, Lifestyle, Schicksal oder Ziel. Mit der Community allein lässt sich nichts verdienen. Deshalb scharen die meisten erst Anhänger um sich und schauen sich dann nach Einnahmequellen um. Influencer sind typische Beispiele: Sie finanzieren sich mit Werbung.

Zur Person

Zusammen mit seiner Frau, Eva, führt Ehrenfried Conta Gromberg Solopreneure mit dem Programm „Smart Business Concepts“ in die Selbstständigkeit. Die beiden verloren 2000 ihr erstes Start-up in der Dotcom-Krise und beschäftigen sich seither mit Erfolgsfaktoren für EPU.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2019)

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