USA: Massiver Kälteschock im politischen Klima in Washington

U.S. President Donald Trump hosts a Naturalization Ceremony in the Oval Office of the White House in Washington
U.S. President Donald Trump hosts a Naturalization Ceremony in the Oval Office of the White House in Washington(c) REUTERS (YURI GRIPAS)
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Präsident Trump stieß mit Kompromissvorschlag zum Ende des Shutdowns bei den Demokraten auf taube Ohren.

Wien/Washington. Am heutigen Feiertag, dem Martin-Luther-King-Day, geht die Regierungskrise in Washington schon in den zweiten Monat. Für den Nordosten war ein Schneesturm vorhergesagt und die Wetterdienste an der Ostküste waren in Alarmbereitschaft versetzt. Das meinte Präsident Donald Trump jedoch nicht, als er in seiner 13-minütigen Rede im Weißen Haus von einer „humanitären“ und „Sicherheitskrise“ im Land sprach. Diese Krise spielt sich seiner Meinung nach im Süden ab, an der mexikanischen Grenze, wo eine angeblich neue „Karawane“ aus Mittelamerika anrollt.

Vehement warb der Präsident erneut für die Notwendigkeit der Errichtung einer „Barriere“ – freilich nicht mehr in Form einer Mauer, sondern neuerdings als Stahlzaun. An einer Seite hatte er seinen Vizepräsidenten Mike Pence platziert, um so die Dringlichkeit einer Lösung für den Shutdown zu signalisieren und zugleich den Druck auf die Demokraten zu erhöhen. Demonstrativ hatte er vor der Rede einer Einbürgerungszeremonie im Weißen für fünf neue Bürger im Haus beigewohnt, die Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen geleitet hatte.

Trump hat in seiner Ansprache – der zweiten innerhalb kurzer Zeit nach der TV-Adresse aus dem Oval Office – eine mögliche Kompromissformel aufgegriffen, die die Demokraten zuvor ins Spiel gebracht hatten. Im Gegenzug für die Zusicherung von 5,7 Milliarden Dollar für den Grenzschutz schlug er einen dreijährigen Schutz für die rund 700.000 „Dreamers“ vor – jene Kinder illegaler Immigranten, die schon in den USA geboren worden sind und somit Anspruch auf die US-Staatsbürgerschaft haben.

Republikaner gegen Amnestie

Präsident Barack Obama hatte ihnen in einer Verfügung vorerst einen legalen Aufenthaltsstatus gewährt – und genau darauf pocht jetzt die Partei Obamas im Konflikt um ein Ende des Shutdowns. Sie wollen eine permanente Lösung für die „Dreamers“ erreichen. Viele Republikaner, vor allem am rechten Flügel, warnen allerdings vor einer Amnestie. Mike Pence bekräftigte, dass es sich nicht um eine solche handeln werde.

Vor der TV-Rede Trumps hat ihm indes bereits Nancy Pelosi ein „No“ entgegengeschleudert. Denn der Kompromissvorschlag des Präsidenten war – wie so oft – zuvor schon publik geworden. Sie setzt auf ihr eigenen Initiativen, die sie dieser Woche im Repräsentantenhaus zur Abstimmung bringen will. Sie sehen mehr als eine Milliarde Dollar für den Grenzschutz vor – allerdings nicht nur für die Errichtung eines Stahlzauns, sondern für den Ausbau der Infrastruktur und die Einstellung von neuen Richtern zu Beschleunigung der Bearbeitung der Asylanträge.

Mehrheit hält Trump für schuld

Zunächst hat indessen der Senat das Wort. Mitch McConnell, der republikanische Senatsführer, der lange keine aktive Rolle in dem Konflikt gespielt hat, wird über den Trump-Vorstoß abstimmen lassen. In seiner eigenen Fraktion stößt er indes auf hinhaltenden Widerstand. Moderate Republikaner wie Susan Collins aus Maine oder Lisa Murkowski aus Alaska haben bereits ihren Unmut über den langen Shutdown kundgetan. Sie setzen sch für ein möglichst rasches Ende ein. 53 Prozent der Amerikaner geben nach einerjüngsten Umfrage der „Washington Post“ und von ABC dem Präsidenten die Schuld an der Regierungskrise, 29 Prozent den Demokraten.

Das politische Klima in Washington hat sich in der Vorwoche zusehends verschlechtert. Pelosi, die Trump im Übrigen als Gegnerin respektiert, forderte vom Präsidenten die Verschiebung der für den 29. Jänner terminierten Rede zur Lage der Nation – ein jährliches Ritual im Kongress. Es sei nicht vertretbar, dass der Präsident während des Shutdowns seine Ansprache hält,. argumentierte sie – allein schon aus Sicherheitsgründen.

Trump wiederum ließ sich eine Retourkutsche einfallen. Er untersagte die Nutzung einer Militärmaschine für einen Trip einer Kongress-Delegation unter Führung Pelosis nach Brüssel und zu den US-Truppen nach Afghanistan. Die Abgeordneten saßen zu dem Zeitpunkt bereits im Bus, bereit zur Abfahrt vom Kapitol zum Air-Force-Stützpunkt Andrews außerhalb Washingtons. Pelosi reagierte konsterniert, und auch einige republikanische Abgeordnete waren ungehalten über die Maßnahme des Präsidenten.

AUF EINEN BLICK

Als „Dreamers“ bezeichnet man Kinder illegaler Immigranten, die bereits in den USA geboren worden sind. Nach US-Angaben handelt es sich dabei um rund 700.000 Menschen. Barack Obama hat ihnen per Gesetz eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung zugestanden. Jetzt stehen sie als Verhandlungsmasse im Zentrum der Shutdown-Krise. Die Demokraten plädieren für eine permanente Lösung für die „Dreamers“, Donald Trump für dreijährigen Schutz vor Abschiebung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2019)

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