Der Chef des Weltwirtschaftsforums sieht die globale Wirtschaft in großer Gefahr - Staaten und Notenbanken hätten kaum mehr Spielraum um gegenzusteuern.
Am morgigen Dienstag empfängt der Schweizer Skiort Davos zum 49. Mal mehr als 3000 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zum alljährlichen Wirtschaftsforum (WEF). Vorab sorgten aber vor allem die Absagen aus der Politik für Schlagzeilen: Aus den sieben größten Industrienationen werden nur drei Regierungschefs teilnehmen. Der Haushaltsstreit in den USA, die anhaltenden Proteste der französischen Gelbwesten und das Brexit-Chaos halten US-Präsident Donald Trump, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May fern.
Die Leitung des Davoser Forums ist vor diesem Hintergrund um die besondere Betonung des Miteinanders bemüht. Das WEF veröffentlichte gerade eine Umfrage, laut der weltweit 76 Prozent der Menschen eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Staaten befürworten. Die Untersuchung zeige, dass es "der überwältigende Wunsch der Weltöffentlichkeit ist, dass Führungspersönlichkeiten neue Wege der Zusammenarbeit finden", sagte der WEF-Gründer Klaus Schwab in einer Aussendung.
"Vage Hoffnung" auf Wirtschaftswachstum
Schwabs Nachfolger an der Spitze des Weltwirtschaftsforums, Borge Brende, kam in der "Süddeutschen Zeitung" am Montag schnell zum Punkt: "Das globale Wachstum verlangsamt sich, es gibt viele dunkle Wolken da draußen". Geopolitische Verwerfungen würden die Welt vergiften. Zudem hätten die Notenbanken und die meisten Staaten kaum mehr finanziellen Spielraum, um im Notfall lenkend einzugreifen. Dazu kämen noch die großen Herausforderungen in China, wo sich die Konjunktur abkühlt. "Es besteht die vage Hoffnung, dass wir noch zwei bis drei Jahre mit Wirtschaftswachstum vor uns haben, vorausgesetzt, es gibt keine größeren geopolitischen Zwischenfälle oder einen Handelskrieg", prognostizierte der WEF-Präsident und frühere norwegische Außenminister Brende in dem Zeitungsbericht.
Die Botschaft der Davoser Elite vor dem Start ihres viertägigen Gipfels ist eindeutig: Nationale Alleingänge bringen in einer globalisierten Welt keinen Erfolg und nur eine grenzübergreifende Zusammenarbeit hat Chancen, formulierte es ein langjähriger Teilnehmer. Ein anderer Kenner äußerte die Hoffnung, dass nach der Absage von Donald Trump mehr Fokus auf den Inhalten der Tagung liegen werde.
Davos steht dieses Jahr unter dem sperrigen Motto "Globalisierung 4.0: Auf der Suche nach einer globalen Architektur im Zeitalter der Vierten Industriellen Revolution".
IWF-Prognose dürfte bescheiden ausfallen
Vor Beginn der Veranstaltung wird Montagmittag auch noch IWF-Chefin Christine Lagarde einen Ausblick auf die Weltwirtschaft geben. Die Stoßrichtung ihrer Rede ist absehbar. Zuletzt hatte der Internationale Währungsfonds vor mehreren Gefahrenherden für die globale Konjunktur gewarnt: Abschottung beim Handel, hohe Schulden und verloren gegangenes Vertrauen in die Wirtschaftsentwicklung. Das WEF hatte in der Vorwoche seinerseits bereits den jährlichen Risikobericht veröffentlicht: Klimawandel, Cyber-Angriffe und geopolitische Konflikte seien aktuell die größten Gefahren für die Erde.
(loan/ag.)