Maurer sieht Landbauer als "toxisch männlich": Diskussion auf Puls 4

Zweikampf: Sigi Maurer und Udo Landbauer.
Zweikampf: Sigi Maurer und Udo Landbauer.(c) Screenshot
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Udo Landbauer will nicht, dass jeder österreichische Bub glaubt, etwas "gegen seine Gewalt tun" zu müssen. "Pro und Contra" zu den Frauenmorden, sehr emotional.

Die fünf Frauenmorde im Jänner wurden am Mittwochabend bei "Pro und Contra" diskutiert, wo das Thema auf eine platte Entweder-oder-Frage hinauslief: Geht es um "importierte Gewalt" oder um ein "klassisch männliches Ego-Problem"? Die beiden Extrem-Positionen hatten hier die Feministin Sigi Maurer, die als solche oft zu Diskussionen über Frauenthemen geladen wird, und Udo Landbauer inne, der als niederösterreichischer FPÖ-Klubobmann aus jenem Bundesland kommt, wo vier der fünf Morde stattgefunden haben.

Provokativ begann Landbauer damit, dass "die Linke" gern wegschauen würde, wenn es darum gehe, welche Rolle die Herkunftskultur der Täter spiele. Maurer antwortete mit Floskeln ("Jeder Mord ist einer zu viel") und einem Gegenangriff: Die Regierung habe beim Gewaltschutz gekürzt - und Landbauer gehöre einer Partei an, in der schon gesagt wurde, "dass Frauenhäuser Ehen zerstören". Betont neutral trat ÖVP-Staatssekretärin Karoline Edtstadler auf, die häufig Maurer recht gab und  Regierungsprojekte bewarb: Man müsse gewalttätige Männer früher erreichen, schon bei einer Wegweisung dazu zwingen, an ihrem Problem zu arbeiten. Sie fragte aber auch sehr kritisch nach den Wertehaltungen von Migranten.

"Die österreichische Psyche funktioniert nicht anders"

Noch bevor der Zweikampf zwischen Maurer und Landbauer tatsächlich startete, warnte Reinhard Haller, Gerichtspsychiater und Autor, bereits vor "politischem Hickhack" in der Sendung. Für so komplexe Phänomene gebe es keine Lösungen, man könnte aber Unterschiedliches - auf allen Ebenen - ausprobieren. Er sehe bei den aktuellen Taten durchaus Muster: erstens das Messer (eine intime Tötungsart) - und zweitens, dass es keinen Suizid nach der Tat gegeben habe, wie das offenbar in Österreich bei Beziehungstaten früher oft vorkam. Die Täter seien nicht völlig verzweifelt, sie würden sich festnehmen lassen, also sei "Machtausübung und Machtdemonstration" ganz entscheidend.

Ist das nun ein Hinweis auf "importierte Gewalt"? Anwältin Astrid Wagner (sie vertritt den mutmaßlichen Mörder vom Hauptbahnhof, Anm.) sagte, dass die Herkunft nicht im Zentrum stehe: "Ich kann nicht sagen, dass die österreichische männliche Psyche hier anders funktioniert." Landbauer wiederum verwies auf überdurchschnittlich viele Täter mit Migrationshintergrund in der Statistik.

So weit, so erwartbar. Emotional wurde es mit der viel zitierten "toxischen Männlichkeit", die Maurer ins Spiel brachte. Ob es nun um das "Patriarchat aus dem Tiroler Bergdorf" oder "das islamistische" gehe, sei egal. Ist es tatsächlich so einfach? Und so hässlich? Patriarchale Strukturen überall? Edtstadler: "Keiner glaubt, dass die patriarchalen Strukturen bei uns die gleichen oder auch nur ähnliche sind wie die, die wir aus Afghanistan oder Syrien kennen. Dort haben Frauen keine Rechte." Der Mechanismus dahinter, sagte Maurer, sei aber der gleiche. Es sei das gleiche Männerbild. Ein Vergleich, den Landbauer nicht so stehen lassen wollte: "Das ist dem österreichischen Mann gegenüber nicht gerecht." Er wolle nicht, dass jeder österreichische Mann als Mörder dargestellt werde.

Psychiater Haller versuchte zu klären: Jede Beziehung sei ein Machtkampf, es gehe immer um die Frage, wer sich mehr unterordnet, wer mehr einbringt, wer mehr liebt. Männer könnten schlechter damit umgehen, nicht geliebt zu werden: "Sie halten Kränkungen nicht aus". Hier gehe es auch darum, dass "wir etwas importiert haben. Wir haben nicht Mord importiert, aber der achtsame Umgang mit einer Frau, da kommen Zuwanderer nicht so gut mit".

"Österreichischen Buben nichts aufoktroyieren"

Doch was ist die Lösung, wie kann man die Dinge verbessern? Helfen Gender-Workshops in den Schulen? Aktive Arbeit am Männlichkeitsbild? "Ich bin dagegen, dass man jedem österreichischen Buben die Notwendigkeit aufoktroyiert, etwas gegen seine Gewalt zu tun. Das Problem haben wir nicht bei jedem", sagte Landbauer, der auf höhere Strafen und Abschiebung setzen will. Was Anwältin Wagner zurückwies: "Das ist die billigste aller Lösungen". Es müsse Präventionsarbeit geben. Und eine gute Gefährlichkeitseinschätzung, sagte eine Expertin, die im Publikum saß.

Damit hätte die Diskussion enden können: mit Maßnahmen, die umgesetzt und evaluiert werden können. Maurer verwies aber noch einmal auf die unterste Ebene, die dann auf tiefem Niveau diskutiert wurde: das Rollenbild des Mannes, dem alles zugrunde liege. Auf die "toxische Männlichkeit", die sie direkt bei Landbauer verortete: "Sie sind auf diesem Podium für mich der Vertreter einer toxischen Männlichkeit, Sie kommen aus einer schlagenden Burschenschaft, wo Männer sich gegenseitig absichtlich verletzen." Maurers Angriff reichte bis zur Farbe von Duschgel. Landbauer, der in der Diskussion lange betont ruhig blieb, gab retour: "Ich glaube, die Frau Maurer hat ein veritables Männerproblem." Und auch er glitt ab, sprach irgendwann über Toiletten auf der Akademie der bildenden Künste. Er könne "das Auseinanderdividieren von Männern und Frauen nicht mehr hören".

Was er wohl meinte, ist die Überdramatisierung des Geschlechts, die üblicherweise eher Feministen kritisieren. Freiheitliche dagegen wehren sich oft gegen "Gleichmacherei" (Stichwort: genderneutraler Kindergarten) und weisen auf die großen Unterschiede zwischen Mann und Frau hin. Maurer schien sich dafür in puncto Polemik etwas von der FPÖ abgeschaut zu haben: "Ich will hin zu einer Gesellschaft, wo Männer nicht als einzigen Ausweg haben zuzuschlagen." Nun gut. Vielleicht wird die Auseinandersetzung Maurer-Landbauer ja den freiheitlich-feministischen Diskurs verändern. Vom eigentlichen Problem, sagte Psychiater Haller, sei man damit wohl etwas abgekommen.

(c) Screenshot

Die Gäste am Mittwochabend:

  • Karoline Edtstadler, Staatssekretärin im Innenministerium, ÖVP
  • Sigi Maurer, Feministin, Soziologin und ehem. Abgeordnete, Die Grünen
  • Astrid Wagner, auf Gewaltverbrechen spezialisierte Anwältin, vertritt u.a. den mutmaßlichen Mörder vom Hauptbahnhof
  • Reinhard Haller, Gerichtspsychiater und Autor
  • Udo Landbauer, Geschäftsführender Klubobmann, FPÖ Niederösterreich

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