Shutdown: Trump steht vor verschlossenen Türen

Am Ende zog Donald Trump zurück.
Am Ende zog Donald Trump zurück.APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI
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Weil Demokraten-Mehrheitsführerin Pelosi eine Einladung verweigert, verschiebt der Präsident seine Rede zur Nation. Es zeigt, wie vergiftet das Klima wegen des Shutdowns ist.

New York. Am Ende zog Donald Trump zurück und versuchte, sich gar staatsmännisch zu geben. Er werde die für kommende Woche geplante Rede zur Lage der Nation verschieben, ein anderer Ort als der Kongress komme für den mit Spannung erwarteten Auftritt nicht infrage.

Schließlich könne keine Alternative „mit der Geschichte, Tradition und Wichtigkeit“ des Abgeordnetenhauses mithalten, verlautete der Präsident. Ein wochenlanger Kleinkrieg zwischen dem Weißen Haus und Nancy Pelosi von den Demokraten erreichte somit seinen vorläufigen Höhepunkt.

Die Sprecherin des Repräsentantenhauses hatte den Präsidenten Anfang des Monats noch protokollgemäß zur jährlichen „State of the Union“ eingeladen, ihre Meinung vergangene Woche aber geändert. Es sei unangebracht, die traditionell im Kapitol stattfindende Rede während des immer noch andauernden Regierungsstillstands zu halten, verlautete die oberste Demokratin. Letztlich waren Trump die Hände gebunden: Ohne formelle Einladung kein Auftritt im Kongress, so sieht das die Verfassung vor.

Nun könnte man die Sache als politisches Scharmützel abtun, doch zeigt der Streit einmal mehr, wie vergiftet das Klima in Washington mittlerweile ist. Die Rede zur Lage der Vereinigten Staaten ist keine gewöhnliche Rede. Einmal im Jahr hat der Präsident den Kongress über den Zustand der mächtigen Nation zu informieren, das haben die Gründungsväter so festgelegt.

In der Regel nützt die Politik den Moment, um ein wenig näher zusammenzurücken. Höchstrichter, Minister, Republikaner, Demokraten und Unabhängige, alle beklatschen im Normalfall den Präsidenten. Für eine Stunde will man im Jänner oder Februar in der Hauptstadt Geschlossenheit zeigen.

Trump überlegte Alternative

Die letzte Verschiebung datiert aus dem Jahr 1986, als Ronald Reagan wegen des Absturzes des Space Shuttles Challenger mit sieben Toten den Auftritt kurzfristig um eine Woche nach hinten verlegte. Trump überlegte bis zuletzt, die Rede trotz des Behördenstillstands zu halten, entweder im Senat oder auch per TV-Ansprache aus dem Weißen Haus. Und nun? Könnten Wochen oder gar Monate vergehen, bis die „State of the Union“ über die Bühne geht. Er wolle abwarten, bis die Behörden wieder geöffnet sind, sagte Trump. Gleichzeitig verwies er darauf, dass der Shutdown noch „eine Weile“ andauern könnte.

Zwar kam am Donnerstag etwas Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen. Der Senat wollte über zwei Vorschläge abstimmen, die dem Schauspiel zumindest vorübergehend ein Ende bereiten könnten. Doch war bis zuletzt unsicher, ob Trump einem Kompromiss, der die finanziellen Mittel für eine 5,7 Milliarden Dollar teure Grenzmauer nicht sofort bereitstellt, überhaupt zustimmen würde.

Demokraten wollen Drohnen

Am heutigen Freitag bekommen 800.000 Beamte erneut kein Gehalt ausbezahlt. Am Sonntag geht der längste Regierungsstillstand der bisherigen US-Geschichte in seine sechste Woche. Im Zentrum der Debatte steht die illegale Einwanderung aus Mittelamerika. Der Präsident besteht auf dem Bau einer Grenzmauer, die Demokraten lehnen das als ineffizient und unmenschlich ab. Im Repräsentantenhaus bereiten die Demokraten einen Alternativvorschlag vor, der ebenfalls mehr als fünf Milliarden Dollar kostet und sich auf den Einsatz von Drohnen und automatischen Sensoren konzentriert. Es sollen mehr Grenzbeamte und Asylrichter eingestellt werden. Trumps interimistischer Stabschef, Mick Mulvaney, hat indes schon einmal bei den Behörden nachgefragt, wie sie mit einem bis März dauernden Shutdown umgehen würden.

Immerhin: Eine offizielle Deadline, bis wann Trump die Rede zur Lage der Nation halten muss, gibt es nicht. Theoretisch könnte der Auftritt auch im Frühjahr oder Sommer über die Bühne gehen. Ob die Demokraten dem Präsidenten dann applaudieren würden?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2019)

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