Hochverrat: 14 Jahre Haft für "Staatenbund-Präsidentin"

STEIERMARK: FORTSETZUNG PROZESS GEGEN 14 STAATSVERWEIGERER
STEIERMARK: FORTSETZUNG PROZESS GEGEN 14 STAATSVERWEIGERERAPA/APA-POOL/ERWIN SCHERIAU
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Die 42-Jährige Gründerin einer staatsfeindlichen Verbindung soll vom Bundesheer verlangt haben, Mitglieder der Regierung festzunehmen. Sie wurde unter anderem wegen der versuchten Bestimmung zum Hochverrat verurteilt.

Mit zum Teil hohen Haftstrafen ist am Freitag der Prozess gegen 14 Mitglieder des "Staatenbund Österreich" zu Ende gegangen. Die "Präsidentin" der Gruppierung wurde zu 14 Jahren Haft, ein Ex-Gendarm zu zehn Jahren verurteilt. Der Rest bekam Strafen in der Höhe von neun Monaten bis drei Jahre. Die Richterin sprach von einem "deutlichen Signal, dass staatsfeindliche Taten nicht toleriert werden".

Der Prozess begann am 15. Oktober, und schon bei der Überprüfung der Personalien ließen die 14 Angeklagten jenes Sprüchlein los, das zumindest der harte Kern bis zuletzt beibehalten sollte. "Ich bin M. aus der Familie U. ein Mensch aus Fleisch und Blut", betonte die Hauptangeklagte unverdrossen immer wieder. Die "Staatsverweigerer" hatten laut Anklage vor, "ein eigenes Staatsgefüge nach ihren Vorstellungen zu errichten". Ziel sei es gewesen, eine "militärische Übergangsregierung" zu bilden und dabei alle Schlüsselpositionen zu besetzen, wobei es mangels Mitwirkung des Bundesheeres beim Versuch blieb, erläuterte der Staatsanwalt.

Die "Präsidentin des Staatenbundes"

Die selbst ernannte "Präsidentin", eine 42-jährige Steirerin, hatte das Gefüge aufgebaut und eine ganz eigene Realität geschaffen. An ihren eigenwilligen Vorstellungen hielt sie auch während des Prozesses fest. So war sie das Oberhaupt des "Staatenbundes".

Vor Gericht erzählte die Oststeirerin, wie der neue "Staat" von "Menschen aus Fleisch und Blut" gegründet wurde. Nach einem Aufenthalt bei den deutschen Reichsbürgen hatte sie sich an die Gründung eines eigenen "Staates" gemacht, um deren Ideen teilweise in Österreich umzusetzen. Der "Staatenbund" bestand aus neun Staaten, die sich mit den Bundesländern deckten, aber alle einen eigenen Präsidenten bekommen sollten. Sie begann mit dem "Staat Steiermark", dem sie selbst vorstand. Ihr Credo verkündete sie immer wieder: "Wahrheit, Licht und Liebe".

Sie als Regierungschefin verstaatliche Bundesheer, Polizei und Gericht sowie Banken und zahlreiche Behörden, die ihrer Meinung nach in Wirklichkeit nur Firmen seien. Sie schrieb zu Hause Haftbefehle gegen Regierungsmitglieder, die das Bundesheer exekutieren sollte - was letztlich nur zu ihrer eigenen Verhaftung führte.

Eigene Kfz-Zeichen

Im "Staatenbund" gab es eigene Kfz-Kennzeichen und Gewerbescheine, die die Mitglieder kaufen konnten, bevor ihnen klar wurde, dass sie keinerlei Wert hatten. Ebenso wenig wie die Eintragungen des eigenen Land- oder Immobilienbesitzes ins sogenannte Landbuch, dass das Grundbuch ersetzen sollte.

Ein Eintrag im "Landbuch" kostete 100 Euro und sollte vor Exekutionen durch den Staat Österreich schützen, weil nunmehr der "Staatenbund" Eigentümer der Liegenschaften war. Dass dem nicht so war, mussten einige Anhänger der unermüdlich lächelnden Oststeirerin schmerzlich erfahren, als ihre Häuser plötzlich weg waren. Ähnlich lief es mit den Staatenbund-Kfz-Kennzeichen, die auch niemanden schützten, sondern nur zu Verwaltungsstrafen führten.

Eine wichtige Stütze für die Präsidentin war ein Ex-Gendarm, der es als seine Aufgabe ansah, sie zu "beschützen". Er rückte von seinen Ideen keinen Schritt ab, ebenso wenig wie einige andere Hardliner unter den Beschuldigten. Bei einigen anderen merkte man aber schon bald ein Abrücken von der Ideologie - um jeden Preis wollten sie der 42-Jährigen offenbar nicht ins Gefängnis folgen.

Der Staatsanwalt sprach in seinem Schlussplädoyer von "Mord am Rechtsstaat", während der Verteidiger der Erstangeklagten ihr Verhalten als "groben Unfug, aber nicht gefährlich" bezeichnete.

Geschworenen berieten 14 Stunden

Die Geschworenen, die mehr als 14 Stunden über die Fragen berieten, fällten differenzierte Entscheidungen. So fielen die Strafen für die "Präsidentin" und ihren "Beschützer" mit 14 und zehn Jahren hart aus. Beide wurden der versuchten Bestimmung zum Hochverrat für schuldig befunden. Sechs weiteren Angeklagten war dieses Delikt auch vorgeworfen worden, sie wurden aber freigesprochen. Alle 14 Beschuldigten wurden aber wegen Bildung einer staatsfeindlichen Verbindung verurteilt. Neben den ersten beiden Angeklagten bekamen sie Haftstrafen in der Höhe von neun Monaten bis drei Jahren, teilweise bedingt. Dazu kamen noch in einigen Fällen Nötigung einer Regierung oder eines Regierungsmitglieds, Anstiftung zum Amtsmissbrauch und gewerbsmäßiger schwerer Betrug, alles auch in der Form des Versuchs.

"Die Taten richteten sich massiv gegen Einrichtungen der Republik Österreich", führte die Richterin am Ende der Verhandlung aus. Die Angeklagten hätten versucht, "die Republik in ihren Grundfesten zu erschüttern". Die "Präsidentin" wollte sich nach der Urteilsbegründung wieder in einem Wortschwall bezüglich "Menschen aus Fleisch und Blut" ergehen, wurde aber abgebremst. "Es handelt sich hier um Völkermord", rief sie und legte "absoluten Widerspruch" gegen das Urteil ein. Also Nichtigkeit und Berufung bei ihr und einigen weiteren, die meisten erbaten sich drei Tage Bedenkzeit, einer nahm sofort an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Prozess begann im Oktober

Im Laufe der Verhandlung, die am 15. Oktober begonnen hatte, ließ nicht nur das Zuschauerinteresse merklich nach. Außer im harten Kern des "Staatenbundes" - vier Angeklagte befinden sich seit April 2017 in Untersuchungshaft - zeigten sich einige Beschuldigte schon nicht mehr so überzeugt von den Ideen. Sie beharrten nicht mehr darauf, vor jeder Befragung ihr Sprüchlein aufzusagen, sondern gaben sich teilweise sehr kooperativ - und merklich desillusioniert. Ihnen war anzumerken, dass sie aus der Sache heraus und sich nicht jenen anschließen wollten, die an ihren Ideen festhielten und möglicherweise mit hohen Strafen rechnen müssen.

"Hochverrat"

"Hochverrat" ist ein Delikt, das normalerweise in österreichischen Gerichten kaum angeklagt wird. Das Strafgesetzbuch beschreibt es folgendermaßen: "Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt die Verfassung der Republik Österreich oder eines ihrer Bundesländer zu ändern oder ein zur Republik Österreich gehörendes Gebiet abzutrennen, ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren zu bestrafen", und das Ganze gilt auch für einen Versuch, den die "Staatsverweigerer" mit der Gründung ihres "Staatenbundes" unternommen hatten.

Das nicht rechtskräftige Urteil wegen der versuchten Bestimmung zum Hochverrat ist die erste Verurteilung nach Paragraf 242 StGB (Hochverrat). Im auswertbaren Zeitraum von 2002 bis 2018 erfolgten laut Angaben des Justizministeriums insgesamt 15 Anklagen wegen Hochverrats. Wegen des Verdachts auf Hochverrats wurden seit 2002 in 77 Fällen Ermittlungen aufgenommen, im selben Zeitraum kam es zu 15 Anklagen.

Zum Delikt Vorbereitung eines Hochverrats (Paragraf 244 StGB) wurden 26 Ermittlungen und sechs Anklagen verzeichnet. Im Jahr 2003 kam es zu einer Verurteilung wegen Vorbereitung eines Hochverrats, hieß es weiters. Wer mit einem anderen die gemeinsame Begehung eines Hochverrats verabredet, ist laut Paragraf 244 mit einer Haftstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

(APA)

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