Thailand

Iconsiam heißt Bangkoks neue Supermall

Außenansicht von Iconsiam
Außenansicht von Iconsiam Reuters
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Unterwegs in Südostasiens neuestem Konsumtempel Iconsiam am „Strom des Lebens“.

Bangkoks neue Supermall Iconsiam steht fast im historischen Herz der Stadt am Chao Phraya. Für die Thais ist er ihr „Strom des Lebens“, zu ihm öffnet sich die Mall mit Glasfassaden, Terrassen und Piers. Künstliche Wasserfälle rauschen innen, virtuelle stürzen Fassaden herab, auf den Plätzen zum Fluss setzt sich die Wasserlandschaft fort. So fließt der Chao Phraya symbolisch ein.

Vor zwei Monaten wurde die Shopping-, Kultur- und Entertainment-Welt mit einem spektakulären Fest eröffnet, zum Jahreswechsel sollen allein in der Nachbarschaft eine Million Zuschauer das Feuerwerk bestaunt haben. Iconsiam ist auf gutem Wege, Wahrzeichen zu werden. Vom zentralen Sathorn-Pier, dem Knotenpunkt des Schiffsverkehrs, wo täglich Tausende an Land gehen, wo Schiffe Reisende mitnehmen auf dem Weg zu Königspalast, Tempeln, Chinatown und in die Kanäle, die hier Khlongs heißen, ist es nicht zu übersehen. Drum herum von den Terrassen der Luxushotels am Chao Phraya auch nicht.

Der Bau steht an prominenter Stelle. Er setzt ein Zeichen und steht für eine Neuorientierung. Bangkok wendet sich wieder dem Fluss, dem Ursprung, zu, nachdem die Metropole vor allem abseits vom Chao Praya gewachsen ist. Die anderthalb Milliarden Dollar schwere Investition auf einem der letzten freien Grundstücke in zentraler Flusslage soll die bisher größte private in Thailands Geschichte sein. 525.000 Quadratmeter erwarten die Kundschaft nicht nur zum Shoppen (Harrods in London hat rund 100.000). Außer Glas zeigt Iconsiam außen viel Weiß, Oliv und Gold, darüber türmen sich Eigentumswohnungen der Superluxusklasse – 54 Etagen „Residences“ des Mandarin Oriental Hotel, der andere mit 70 Etagen „Residences“ der Magnolia-Gruppe – über 300 Meter hoch.

Iconsiam von innen (zu Weihnachten)
Iconsiam von innen (zu Weihnachten)Reuters

Iconsiam ist ein raffiniertes Erlebnis, in dessen Design, Textur und Layout das alte Siam durchscheint. Die Fassade zum Fluss hält in ihrer Form einen Augenblick fest, in dem ein Krathong entsteht – jenes aus Bananenpflanzen gefaltete kleine Floß, das die Thais mit Räucherstäbchen und Kerzen an Loy Krathong im November auf den Chao Phraya entlassen. Wünsche mögen sich so erfüllen, Sünden vergeben werden. Schon in ihrer Dimension sind die beiden Atrien Hingucker, wie auch die Kunst- und Lichtobjekte, darunter ein Luster der tschechischen Designerin Petra Junová. Ein Lichtgewölk am Übergang zum Luxuspart der Mall, Iconluxe. Decken und Pfeiler sind von Szenen siamesischer Geschichte in Blattgold überzogen.

Der Wechsel von großen Flächen und mehrgeschoßigen Solobaukörpern, von weiten Plätzen, intimen Orten, Atrien über sieben Geschoße und Rolltreppenkaskaden macht das Ganze luftig, licht. Zig Flagship-Stores und Läden in modernstem Design, Showrooms für Rolls-Royce, Porsche, Maserati. Das japanische Nobelkaufhaus Takashimaya zeigt sich auf 36.000 m2, inklusive Restaurants, wo die Köche Speisen vor aller Augen vorbereiten. Das gefällt Thais, es ist immer rappelvoll.

Glas aus Österreich

Wie eine überdachte Stadt hat die Mall viele Zonen: 4-D-Kino, hippe Food-Places, Streetfood, Espresso-, Saft- und Dessertbars, Beauty-Lounges, die Parfümerien wie aus Wilma Feuersteins Zeiten aussehen lassen, Restaurants mit hängenden Gärten. Im 5. Stock zeigt sich das Areal Iconcraft stylish, gegenüber bewegen sich Hasen und Rehe in virtuellen Wäldern der Lounge des IT-Giganten True, während man Kaffee trinkt.

Das Riesenschaufenster ist eine geschwungen gefaltete Glasfront zum Chao Phraya. Für diese Leistung verantwortlich ist Se-Austria aus Schörfling am Attersee. Die Glasstruktur einzelner Segmente auf 300 Metern Länge, 24 Meter hoch, doppelt geneigt und hängend, ist die Außenhaut von Iconluxe, dem ganz noblen Komplex der Mall. 25.000 Quadratmeter groß, ein Zieleinlauf für Kunden von Patek Philippe und Dior, mit gläsernen Pavillons von Gucci und als Duplex von Hermés bestückt.

Hoch hinauf lockt eine der Restaurantzonen, Alangkarn: eine amphibische Landschaft von Reisfeldern, Teichen und in Szene gesetzter Wasserkunst. Von der Terrasse gibt's einen Panoramablick auf die chaotisch schöne Skyline, an der der Chao Phraya vorüberfließt und an das erinnert, was die Thais ohnehin wissen: Ohne Wasser und Sedimente gäbe es keinen Reis, die Zivilisation Siam nicht.

Event- und Konzerthalle sowie River Museum werden bald eröffnet, auch die Restaurantparade bis zur Sterneküche ist noch nicht komplett. Die multimediale Wassershow im River Park mit Licht, Klang und 35-Meter-Fontänen hingegen schon. Eine Spielwiese im Fluss: Familien sind da unterwegs – drinnen wie draußen –, und es gibt sagenhaft viel zu essen.
Im Sooksiam im Erdgeschoß trifft man in einer farbenprächtigen Kulisse aus Dorfgassen und Szenen eines schwimmenden Markts Thais auch aus fernen Provinzen. In kleinen Läden und von kleinen Kähnen kann man kosten und kaufen, da wird in Bambuskörben gedünstet, Salat von grüner Papaya bereitet, werden in Windeseile Knoblauch und Chili zu Nanopartikeln.

Raumschiff im alten Viertel

Ob die Mega-Mall ein Erfolg wird, wird sich weisen. Seit der Eröffnung wimmelt es von Kunden, obwohl Bangkok bereits reichlich glamouröse Shoppingareale hat. Die Investoren, ein Immobilienkonzern und zwei Handelsunternehmen, setzen auf die wachsende Mittelschicht und spendable Touristenströme. Man hofft, dass sich Iconsiam zu einer Attraktion für Reisende aus aller Welt entwickelt – und der Chao Phraya wieder in seiner Bedeutung für die Stadt wahrgenommen wird.

Hoffentlich treten die Kunden auch einmal vor die Tür der klimatisierten schönen neuen Welt. Dann weiß man, wo man ist. Als sei ein Raumschiff gelandet, liegt sie inmitten des alten Stadtviertels Khlong San. Vor verwitterten Häusern binden Frauen Girlanden aus Jasmin, Ringelblumen und Orchideen für den Besuch des Tempels gegenüber, die Luft steht vor Hitze. Tuk-Tuks knattern unter einem Dschungel aus Kabeln, die Ware darin bis zur Decke. Vor einem Hausschrein macht eine Greisin ein Nickerchen auf dem Boden. Garküchen glühen, Chili-Wolken wabern aus Woks. Mehr als 10.000 Menschen leben hier auf einem Quadratkilometer im Häuserdickicht. Und wenn man sich dann Gedanken machen sollte in Sachen Gentrifizierung, ahnt man, die wird hier schnell ausgebremst.

Um die Ecke liegt Khlong San Plaza, ein Markt mit eigenem Pier, so etwas wie das ungeschminkte Pendant zur Supermall. Es wird viel gebrutzelt, gegart, hier riecht's ganz anders. Läden sind oft kaum mehr als eine Karre, Friseure arbeiten in Verschlägen, Tuk-Tuks stehen Spalier für Kundschaft von der nächsten Fähre. Mittendrin verkauft Jeab Kaffee, 20 Baht der Becher, 50 Cent. Sie öffnet morgens um fünf, wenn die Kundschaft zur ersten Fähre eilt. Wie andere Händler auch freut sie sich über die neue Nachbarschaft: „Vielleicht kommen ja Kunden von dort auf einen Kaffee zu mir.“

Das ist eine Idee. Im Iconsiam kostet der Kaffee an der Expressobar 170 Baht, knapp 4,65 Euro. Ja, schicker ist es, und es wird viel Zirkus um den Kaffee gemacht, Costa Rica hin, Äthiopien, Highland hin und her. Das kann anstrengend sein. Bei Jeab ist das so: „My coffee“, sagt sie, „is family recipy“ und lacht. Viele kostenlose Shuttle Boats bringen Kunden in Minuten von den Piers, darunter dem zentralen Sathorn-Pier, zum Iconsiam-Pier, an der Einschienenbahn Gold Line über den Dauerstau auf der Straße Charoennakhon wird noch gebaut. Das schaffen die Thais auch noch. Jetzt entsteht am Fluss erst einmal ein Bangkok von morgen, doch keine Bange, das alte gibt es noch und oft nebenan.

Bangkok-Shopping

Schauen, speisen, shoppen: Iconsiam liegt am Westufer des Chao Phraya im Stadtbezirk Khlong San. Shops: 10–22 h, Gastronomie teilweise deutlich länger, www.iconsiam.com

Hinkommen: Direktflüge ab Wien u. a. mit Austrian, Thai

Hotels: Die Luxushotelparade in der Nähe kann sich sehen lassen: Mandarin Ori- ental, Peninsula, Shangri-la, Sheraton . . .

Schlafen am Westufer (Khlong San): dem Icon-Ufer: Ibis Bangkok Riverside.

Gegenüber: Sathorn-Pier und BTS Saphan Taksin, mit Blick auf die Skyline,
www.accorhotels.com

Schlafen am Ostufer (Bang Rak):
Riva Surya: Gut gestyltes Boutique-Hotel gegenüber dem Tempel der Morgenröte, Wat Arun. Etwas unaufgeräumt das Umfeld in diesem einstigen Handelsviertel nahe Wat Pho. Tipp: Rooftopbar zum Sunset. www.nexthotels.com

Chakrabongse Villas & Residences:
Nahe Königspalast und Wat Pho im Haus eines Prinzen von 1908. Boutique-Hotel mit noblem Flair, tropischem Garten am Ufer und Aussicht zum Tempel Wat Arun. www.chakrabongsevillas.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2019)

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