OMV nähert sich Asien mit Milliarden

OMV-Chef Rainer Seele führt den teilstaatlichen Wiener Energiekonzern in den Nahen und Fernen Osten. Am Sonntag stieg er mit 15 Prozent beim viertgrößten Raffineriestandort der Welt in Abu Dhabi ein.
OMV-Chef Rainer Seele führt den teilstaatlichen Wiener Energiekonzern in den Nahen und Fernen Osten. Am Sonntag stieg er mit 15 Prozent beim viertgrößten Raffineriestandort der Welt in Abu Dhabi ein.(c) APA/AFP/JOE KLAMAR
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Der Energiekonzern OMV kauft sich für 2,5 Mrd. Dollar ins Raffineriegeschäft seines Kernaktionärs Abu Dhabi ein. Der Schritt passt perfekt in die Expansionsstrategien der beiden Partner.

Wien. OMV-Chef Rainer Seele streute Abu Dhabi am Sonntag Rosen. Für ihn gebe es in der Region „kein schöneres Paradies“, sagte er, nachdem er soeben an der Seite von Kronprinz Sheikh Mohammed bin Zayed Al Nahyan einen Milliardendeal in die Wege geleitet hatte: Der teilstaatliche österreichische Energiekonzern erwirbt für 2,5 Mrd. Dollar 15 Prozent an den staatlichen Raffinerien.

Der Zukauf, der im dritten Quartal rückwirkend mit Jahresbeginn finalisiert werden soll, kommt nicht wirklich überraschend. Nicht nur ist das Golfemirat über seinen Staatsfonds neben Österreich der zweite Kernaktionär der OMV. Auch hatten die Wiener und die Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) bereits angekündigt, ihre Zusammenarbeit zu intensivieren. Der erste Streich kam im April 2018, da kaufte sich die OMV für 1,5 Mrd. Dollar bei zwei Offshore-Ölfeldern der Adnoc ein, Ende des Jahres folgte der Einstieg ins Gasgeschäft. Und jetzt – um die Wertschöpfungskette im Emirat zu schließen, wie ein Sprecher zur „Presse“ sagte – beteiligt sich die OMV neben der italienischen Eni an den Raffinerien.

Der Deal passt Seele sehr gut in seinen Wachstumsplan. Vergangenen Frühling hatte er angekündigt, zehn Mrd. Euro in sieben Jahren auszugeben, um abseits von Europa zu wachsen. Bis 2025 will die OMV unter anderem ihre Raffineriekapazitäten verdoppeln – mit dem Einstieg hat sie dieses Ziel mit einem Schlag zu 40 Prozent erreicht. „Wir haben fast zweimal Burghausen dazugenommen“, sagte Seele zur Austria Presse Agentur. Zur Veranschaulichung: Der süddeutsche Standort verarbeitet zusammen mit den OMV-Raffinerien in Schwechat und Petrobrazi in Rumänien 17,8 Mio. Tonnen Rohöl pro Jahr. Aus Abu Dhabi allein kommen 7,1 Mio. Tonnen. Diese sollen auch zu 30 Prozent im Land bleiben. Das ist praktisch, hat die OMV doch quasi auf der anderen Seite des Zauns bereits ein Joint Venture ihrer Petrochemie-Tochter Borealis (an ihr hält die OMV 36 Prozent), das versorgt werden kann. Seele hat das Emirat aber vor allem als Tor in den Osten erkannt, 70 Prozent der Produktion will er mit dem lokalen Partner ab 2020 in den Mittleren Osten, nach Asien und Afrika verkaufen. „Die Musik spielt in Zukunft definitiv in Asien“, verkündete der OMV-Chef vor fast einem Jahr. Seitdem bastelt er an Sprungbrettern. Für gut zwei Mrd. Dollar ging er bereits in Malaysia, Neuseeland und eben Abu Dhabi auf Einkaufstour.

Die OMV zitiert zur Untermauerung ihrer Pläne gern Studien der Internationalen Energieagentur (IEA). Diese sieht den asiatisch-pazifischen Raum als Zukunftsmarkt für Energiefirmen. Während die Nachfrage nach Treibstoff im Westen sinkt, wird sie, getrieben von Ländern wie China und Indien, bis 2030 global um neun Prozent wachsen. Da hat die OMV den richtigen Partner: Auch Abu Dhabi will sich mit dem staatseigenen Ölerzeuger Adnoc mehr in Richtung Petrochemie und Raffinerien entwickeln, am liebsten in asiatischen Absatzmärkten.

Quelle: APA, OMV / Grafik: "Die Presse"

Zurück in den sicheren Hafen

Dass Seele das Geschäft in Abu Dhabi ausbaut, dürfte noch einen anderen Grund haben. Nicht zufällig dürfte er am Sonntag die „politische Sicherheit“ im Land als Kauffaktor betont haben. Unter dem 2015 angetretenen Konzernchef wagte sich die OMV in den vergangenen Jahren auch in viele günstigere, aber unsicherere Regionen. Dadurch befanden sich die Österreicher zuletzt oft mitten im geopolitischen Gewitter: Sicherheitsbedenken in Tunesien, Donald Trumps Boykott gegen den Iran oder die Blockaden des Gaspipelineprojekts Nord Stream 2 aus Russland, bei dem die OMV mitzahlt, störten den reibungslosen Ablauf. Das gefiel den Aktionären im Vorjahr bedingt.

Die strategische Partnerschaft im Nahen Osten soll Ruhe bringen. Bezahlen will die OMV die 2,5 Mrd. Dollar übrigens wenn möglich – wie die gut zwei Mrd. Dollar davor – aus dem operativen Cashflow, sprich dem Tagesgeschäft. Die Hälfte des bis 2025 geplanten Budgets wäre damit aufgebraucht. Das gäbe Zeit für eine Atempause. Andererseits: „Es ist erst Anfang 2019“, formuliert es ein OMV-Sprecher. Man wird sehen.

AUF EINEN BLICK

OMV-Chef Rainer Seele führt den teilstaatlichen Wiener Energiekonzern in den Nahen und Fernen Osten. Am Sonntag stieg er mit 15 Prozent beim viertgrößten Raffineriestandort der Welt in Abu Dhabi ein. Im vergangenen Jahr hatte die OMV bereits für mehr als zwei Mrd. Dollar in Malaysia, Abu Dhabi und Neuseeland zugekauft. [ Reuters ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2019)

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