Mehr Unterstützung für die Schwachen – und für die Spitze

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Schüler und Lehrer haben es verdient, die Unterstützung zu bekommen, die sie brauchen. Aus welcher Tasche das kommt, ist für sie letztlich unwichtig.

Ein Floridsdorfer Mittelschuldirektor hat es vor ein paar Monaten auf den Punkt gebracht: „Mir ist wurscht, wer das zahlt“, sagte Christian Klar – jener Schulleiter, der mit seinen Berichten über Gewalt, Islamismus und Nationalismus wesentlich dazu beigetragen hat, dass breit über die Probleme an Brennpunktschulen diskutiert wurde. Seine Botschaft: Hauptsache, Standorte wie seiner in Floridsdorf bekommen mehr Unterstützung.

Christian Klar sprach da nicht primär von Lehrern, sondern meinte im Wesentlichen Sozialarbeiter oder Schulpsychologen. Es gilt aus der Sicht eines Schulleiters freilich wohl auch für Pädagogen. Fakt ist: Es gibt Schulen, die unter schwierigeren Bedingungen arbeiten als andere. An denen die Schülerinnen und Schüler zu annähernd hundert Prozent Migrationshintergrund haben, aus Familien kommen, die wenig gebildet sind und nicht verstanden haben, wie wichtig Bildung ist. Und nicht wenige dieser Schulen sind in Wien.

Dass es teilweise gewaltige Probleme gibt, war auch vor den Berichten von Klar oder dem Islamismusbuch der Favoritner Lehrerin Susanne Wiesinger ein offenes Geheimnis. Dass es Schulen gibt, deren Schüler in ihren Leistungen massiv hinterherhinken, dafür gibt es seit mittlerweile einigen Jahren harte Zahlen: aus den Bildungsstandards zum Beispiel, bei denen Wien üblicherweise zu den Schlusslichtern zählt. „Wir ziehen eine Generation von Analphabeten heran“, klagte in der „Presse“ eine Wiener Lehrerin.

Sich an den Tisch zu setzen und konsequent gemeinsam eine Lösung zu entwerfen, scheint aber dieser Tage mehr als je zuvor an politischer Kleingeldmacherei zu scheitern. Denn die Stimmung zwischen der rot-grünen Hauptstadt und der türkis-blauen Bundesregierung ist im Bildungsbereich spätestens seit der Deutschklassendebatte im vergangenen Jahr schlecht – und seit der Diskussion um die Mindestsicherung generell unterirdisch.

Insgesamt fragt man sich aber schon, warum nicht schon längst über alle politischen Lager hinweg der Konsens darüber herrscht, dass die heimischen Schulen deutlich mehr Unterstützung brauchen, und zwar vor allem jene mit mehr Schülern, die Probleme haben und eben auch oft Probleme machen. Da geht es um Deutsch und um das Lernen im Allgemeinen, genauso um Werte und um ein friedliches Zusammenleben. Wie wichtig das ist, haben vergangenes Jahr die von offizieller Seite viel zu lang aufgeschobenen Debatten über Gewalt und Islamismus an den (Wiener) Schulen gezeigt.

Dass vor diesem Hintergrund der Integrationstopf gestrichen wird, ist auch Monate danach noch verwunderlich. Das Argument, dieser Topf sei immer befristet und für die Herausforderungen auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise gedacht gewesen, mag stimmen. Wer diese Ressourcen – mit denen Förderlehrer und Sozialarbeiter nach Wien und in andere Städte geschickt wurden – streicht, übersieht aber, dass es deutlich mehr Zeit braucht als einen politischen Wimpernschlag, um diese Kinder und Jugendlichen zu integrieren.

Auch dass sich Wien wie unlängst geschehen selbst beweihräuchert, weil die Stadt endlich 20 neue Sozialarbeiterstellen für die Schulen geschaffen hat – ein Bereich, der im Übrigen ohnedies in ihren Aufgabenbereich fällt –, gehört in die Rubrik politisches Kleingeld. Und so läuft das alte Forderungsringelspiel: Die Stadt drängt mit dem Argument, alle müssten anpacken, auf mehr Geld vom Bund. Der Bund fordert wiederum, dass Wien endlich mehr Unterstützungspersonal für die Schulen finanziert . . .

Für die Schüler (und auch die Lehrer, die teilweise wirklich unter massiven Herausforderungen arbeiten) ist es letztlich egal, wer zahlt: Es geht darum, dass sie die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, damit die Volksschulen eben keine Analphabeten ausspucken. Und auch, wenn es besonders drängt, die Schwachen zu fördern: Den potenziellen Spitzenschülern muss man ebenfalls das bieten können, was sie verdienen. Das müsste man sich in Österreich doch leisten können. Wenn man die ideologischen Querelen einmal beiseitelässt.

E-Mails: bernadette.bayrhammer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2019)

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