Bei der heurigen Zentralmatura soll es weniger Fünfer geben. Daher will Bildungsminister Faßmann einiges ändern: Auf die Maturanten warten kürzere Beispiele und ein neuer Notenschlüssel.
Wien. Es gibt für die heimischen Schulen kein Zurück. Die Zentralmatura sei „von großem Wert“ und „genau das richtige Vehikel“, sagte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). Deshalb werde er auch nicht an der zentralen Reifeprüfung im Fach Mathematik rütteln. Er wird aber ordentlich daran herumschrauben. Das zeigte sich bei einer Präsentation am Montag.
Denn wirklich glücklich ist mit der zentralen Mathematikmatura bisher auch niemand gewesen, und zwar weder in den Schulen noch im Bildungsministerium. Dort hat man sich vor allem an der hohen Durchfallsquote gestört. Im Vorjahr kassierten an den Gymnasien bei der schriftlichen Klausur 22,4 Prozent der Maturanten einen Fünfer. An den berufsbildenden höheren Schulen fiel fast jeder Fünfte durch (siehe Grafik).
Das sollte nicht noch einmal passieren. Deshalb hat Minister Faßmann den einstigen Wiener Stadtschulratspräsidenten Kurt Scholz (SPÖ) auf eine „Zuhörtour“ durchs Land geschickt. Er ist mit 1800 Verbesserungsvorschlägen im Gepäck zurückgekehrt. Wünsche wie „Panik relativieren“, „einfachere Formulierungen“ und „weniger Text“ haben Schüler, Lehrer und Eltern auf bunten Kärtchen geschrieben. Das Ministerium hat daraus seine Sofortmaßnahmen abgeleitet. Diese sollen schon bei der nächsten Mathematikmatura am 8. Mai greifen.
Leichtere Texte
Die Mathematikmatura wird nicht leichter. Das betonte der Minister am Montag gleich mehrmals. Die Schüler müssten sich weiterhin akribisch vorbereiten. Die Beispiele, die ihnen künftig vorgelegt werden, sollen aber leichter verständlich werden. Bisher sind die Angaben oft über mehrere Seiten gegangen. Sie seien „komplizierter als ein Mietvertrag“, lautete einer der vielen Vorwürfe. Maturanten würden häufig am Leseverständnis und nicht an den mathematischen Fertigkeiten scheitern. Damit soll nun Schluss sein. Es wird eine sprachliche Qualitätskontrolle geben. Die Wortwahl wird einfacher, die Sätze werden kürzer, die Informationen auf das Wesentliche reduziert. So könne man manche Aufgaben, deren Angabe sich bisher über 48 Zeilen erstreckte, auf 28 Zeilen kürzen. Das Ministerium legte bereits Beispiele vor.
Neuer Notenschlüssel
Eine vermutlich noch größere Erleichterung wird für die Schüler aber das neue Beurteilungsschema sein. Bisher bestand die AHS-Mathematikmatura aus zwei Teilen: Im ersten Teil wurden Grundkompetenzen überprüft. Im zweiten Teil gab es tiefer gehende Aufgaben. Es gab jeweils 24 Punkte zu holen. Sie waren aber nicht gleich viel wert. Schüler mussten vor allem ihre Grundkompetenzen unter Beweis stellen. Deshalb mussten für eine positive Note zwei Drittel der Grundlagenaufgaben korrekt gelöst werden. Man brauchte also 16 Punkte im ersten Teil. (Erreichte man sie nicht, konnte man sich durch Bonuspunkte im zweiten Teil retten.) Künftig gibt es eine weitere „Rettungsmöglichkeit“. Für ein Genügend reichen 24 Punkte aus beiden Teilen. Egal, woher sie kommen.
Kulantere Korrektur
Eine Lockerung gibt es auch bei der Korrektur der Mathematikmatura. Lehrer sollen dabei „weniger eingeschränkt“ werden und nicht zu sehr auf Formalfehler, also auf Schreibfehler usw., achten. Es wird vermehrt auf das Verständnis abgezielt. Die Pädagogen dürfen künftig außerdem halbe Punkte vergeben. Damit werden auch teilweise richtige Lösungen belohnt – etwa, wenn drei von vier Multiple-Choice-Möglichkeiten richtig erkannt wurden. Den Maturanten wird das Punktesammeln damit erleichtert. Bei der Matura selbst soll der Mathematiklehrer anwesend sein. Das soll einzig die Nervosität der Schüler verringern. Fachliche Auskünfte würden die Lehrer bestimmt nicht geben, ist der Bildungsminister überzeugt. „Sie unterschätzen das Ethos unserer Lehrer“, sagt er.
Weitere Neuerungen
Die angekündigten Sofortmaßnahmen werden nicht die letzten Änderungen bei der Zentralmatura sein. „Nichts ist endgültig abgeschlossen“, sagt Minister Faßmann etwas kryptisch. Er könne sich auch bei den Kompensationsprüfungen, der Vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) sowie bei der Deutsch- und Englischmatura grundsätzlich Adaptierungen vorstellen. Dafür könnte Kurt Scholz bald wieder auf „Zuhörtour“ geschickt werden. Natürlich im Auftrag des Bildungsministers – auch wenn Scholz, wie er gestern scherzhaft sagte, selbst „immer gern Hausherr“ im Bildungsministerium gewesen wäre.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2019)