Die Dringliche Anfrage der SPÖ zum Ärztethema nutzte die freiheitliche Gesundheitsministerin dafür, die Schuld für den Ärztemangel bei ihren sozialdemokratischen Vorgängern zu suchen.
Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat wie erwartet die Verantwortung für einen drohenden Ärztemangel der SPÖ zugewiesen, die während der vergangenen Jahre das Gesundheitsressort in ihrer Verantwortung hatte. Während ihrer Beantwortung des "Dringlichen Antrags" der SPÖ meinte Hartinger-Klein, bereits Maßnahmen zur Attraktivierung des Hausarztberufs eingeleitet zu haben.
So habe sie den Obersten Sanitätsrat beauftragt, einen medizinischen Maßnahmenkatalog zu erstellen, was man leisten müsse, um Interesse bei mehr Medizinern für Kassenstellen zu wecken. Sich selbst lobte die Ministerin dafür, die Anstellungsmöglichkeit von Ärzten bei Ärzten geschaffen zu haben und das "Mystery Shopping" in Arztpraxen abgestellt zu haben. Ferner verwies sie auf die Sozialversicherungsreform. Diese ermögliche es, veraltete Leistungskataloge zu erneuern und sie neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen anzupassen. Zudem könne man nun neue Verträge gestalten und dabei Attraktivierungsmaßnahmen für Allgemeinmediziner setzen.
Der SPÖ hielt Hartinger-Klein vor, dass schon Alois Stöger als drittletzter roter Gesundheitsminister einen Ärztemangel festgestellt habe. Gemacht worden sei danach aber nichts. Die Patienten seien in Richtung Wahlarzt geschoben worden anstatt dass mehr Kassenstellen geschaffen würden: Die SPÖ habe eine "Zwei-Klassen-Medizin" gefördert.
"Bald ganze Regionen ohne Hausarzt mit Kollektivvertrag"
Deren Klubchefin Pamela Rendi-Wagner sieht das gänzlich anders. Hartinger-Kleins Vorgängerin als Gesundheitsministerin betonte, was sie und ihre Vorgänger geleistet hätten - von Elga über verpflichtende Lehrpraxen bis hin zum neuen Hausärztegesetz. Nichts tue sich erst seitdem die aktuelle Regierung angetreten sei.
Hartinger-Klein habe das Thema Hausärzte auf die lange Bank geschoben. Ohnehin glaube dieser Regierung stets, dass der Markt alles regeln werde. Dem sei aber nicht so, meinte Rendi-Wagner etwa mit Verweis auf die Probleme im - verkehrsmäßig bestens angebundenen - niederösterreichischen Ort St. Valentin, eine Kassenstelle zu besetzen.
Dies ist für die SPÖ-Chefin freilich nur der Anfang. Derzeit seien bloß einige Gemeinden ohne Hausarzt: "Aber bald werden es ganze Regionen sein, wo kein einziger Hausarzt mit Kollektivvertrag gefunden werden kann."
Verschärft wird dies aus SPÖ-Sicht auch durch den demografischen Wandel mit immer höherer Lebenserwartung. Die Bevölkerung werde immer älter, brauche damit auch mehr Ärzte, auf der anderen Seite stünden die alternden Ärzte. Rendi-Wagner, die zehn Monate Gesundheitsministerin war, sieht die Lunte also von beiden Richtungen brennen. Die Regierung tue allerdings nichts dagegen - sie mache die Lage durch die Sozialversicherungsreform noch schlimmer, findet Rendi-Wagner. Die versprochene Patienten-Milliarde dadurch werde es nämlich nicht geben, weil der Kassenumbau schon eine Milliarde kosten werde. Eine Milliarde, die Rendi-Wagner zufolge im Kampf gegen den Ärztemangel fehlen werde. 48 zusätzliche Leitungsposten würden geschaffen - "statt Ärztestellen blaue Versorgungsstellen".
Dringlicher Antrag abgelehnt
Am späten Dienstagnachmittag wurde der Dringliche Antrag der SPÖ schließlich abgelehnt. Neben den Sozialdemokraten stimmte nur die Liste Jetzt dafür. Mit Koalitionsmehrheit angenommen wurde hingegen ein türkis-blauer Antrag, mit dem die Bundesregierung um Stärkung der niedergelassenen Versorgung im Sinne der Patienten ersucht wird. Beantragt wurde von ÖVP und FPÖ auch eine Prüfung des Gesundheitsressorts über die letzten zehn Jahre durch den Rechnungshof.
(APA)