EU-Gelder für Jobs, nicht für renovierte Ghettos

Roma-Konferenz stellt Musterprojekte vor.

BRÜSSEL/WIEN. „Wenn wir ihre Probleme angehen, kommt das auch unserer Gesellschaft und unserer Volkswirtschaft zugute.“ Mit diesen Worten begründete die für Grundrechte zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding die verstärkte finanzielle Hilfe, die Brüssel seit einigen Jahren den zehn bis zwölf Millionen in der Union lebenden Roma zugutekommen lässt. Auf dem bis heute, Freitag, dauernden Europäischen Gipfel der Roma in Córdoba stellte die EU-Kommission Musterprojekte vor, mit denen der Diskriminierung und der hohen Arbeitslosigkeit dieser größten europäischen Minderheit entgegengewirkt wird.

Die Kommission drängt die Mitgliedstaaten aber auch, die milliardenschweren Strukturhilfen (rund 300 Mrd. Euro zwischen 2007 und 2013) und den EU-Sozialfonds (75 Mrd. Euro) verstärkt für Roma zu nutzen. Bereits zwischen 2000 und 2006 flossen EU-Mittel in Höhe von 275 Millionen Euro in Projekte, die speziell auf diese Volksgruppe ausgerichtet waren. In erster Linie wird das Geld dafür eingesetzt, die hohe Arbeitslosigkeit (bis zu 90 Prozent) zu senken. Eines der Vorzeigeprojekte heißt „Acceder“ und wurde von Spanien organisiert. Es ist ein Berufsausbildungsprogramm, das auf die Bedürfnisse der lokalen Arbeitsmärkte abgestimmt ist. Bis Juni 2009 haben fast 34.000 Personen, die meisten davon Roma, über dieses Programm eine Arbeit gefunden.

„In Gesellschaft integrieren“

Gleichzeitig setzt die EU-Kommission auf einen Kampf gegen die Diskriminierung. „Roma brauchen keinen eigenen Arbeitsmarkt, sie brauchen keine Schulen, die die Segregation von Roma-Kindern verlängern, und sie wollen keine renovierten Roma-Ghettos. Wir wollen erreichen, dass die Roma als gleichberechtigt akzeptiert, dass sie in die Gesellschaft integriert werden“, erklärte EU-Sozialkommissar László Andor.

Um der Diskriminierung entgegenzuwirken, schreckt die Kommission auch vor Klagen nicht zurück. Insgesamt hat sie bereits gegen 24 Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, damit das EU-Verbot rassistischer Diskriminierung ordnungsgemäß umgesetzt wird. Die EU-Grundrechteagentur hat laut ihres Berichts für die Roma-Konferenz aber kaum Verbesserungen festgestellt. Roma würden weiterhin bei der Zuteilung von Wohnungen, im Gesundheits- und Bildungssystem sowie am Arbeitsmarkt benachteiligt. Jeder Fünfte werde zudem Opfer rassistischer Gewalt.

An der Roma-Konferenz in Córdoba nehmen rund 400 Delegierte aus den EU-Ländern teil. Der Beginn der zweitägigen Konferenz fiel mit dem Internationalen Tag der Roma zusammen, der an den ersten Kongress der Volksgruppe am 8. April 1971 in London erinnert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2010)

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