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FPÖ sägt weiter an der Menschenrechtskonvention

NATIONALRAT: BERLAKOWITSCH-JENEWEIN
Dagmar Belakowitsch (Archivbild)APA/ROLAND SCHLAGER
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Gesetze dürften die Politik nicht am Handeln hindern, sagte FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch und löste damit Proteste aus. Die Menschenrechtskonvention sei „nicht unveränderlich“, meint sie.

Wien. Was als Verteidigung von Innenminister Herbert Kickl gedacht war, führt nun zu neuer Aufregung: FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch sagte am Mittwoch im Nationalrat: „Niemals haben wir uns damit abzufinden, dass Gesetze uns in unserem Handeln behindern.“ Eine Aussage, für die die stellvertretende Klubchefin der Freiheitlichen auf sozialen Medien scharf kritisiert wurde – wobei allerdings der Kontext meist ausgeblendet blieb.

Belakowitsch argumentierte ähnlich wie Kickl, der gemeint hatte, das Recht müsse der Politik folgen, und dafür mit einem Misstrauensantrag – schon dem sechsten in seiner Amtszeit – konfrontiert war: Es gebe ein Problem mit straffälligen Asylwerbern, die Politik müsse handeln. Und wenn das Handeln aufgrund von Gesetzen nicht möglich sei, dann müsse man eben über die Gesetze reden. Da dürfe es keine Denkverbote geben, nichts sei unveränderlich, auch nicht die Menschenrechtskonvention. Die Rede der FPÖ-Politikerin war also kein Aufruf, Gesetze zu ignorieren oder zu missachten, sondern, sie zu ändern.

Konvention nie infrage gestellt?

Allerdings bleibt die Frage übrig: Wie steht die FPÖ nun tatsächlich zur Menschenrechtskonvention? Kickl hatte ja nach einem Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen eine Erklärung auf Facebook abgegeben, wonach er diese „zu keinem Zeitpunkt infrage gestellt“ habe. Österreich solle auch nicht aus internationalen Verträgen austreten.

Gilt das nur für Kickl oder für die gesamte FPÖ? Belakowitsch ist nicht die einzige, die die Menschenrechtskonvention infrage stellt. So sandte der niederösterreichische Klubchef Udo Landbauer vergangene Woche eine Aussendung aus, in der es heißt: „Wer eine jahrzehntealte Menschenrechtskonvention, die uns daran hindert, straffällige Asylwerber rigoros abzuschieben, als unantastbar sieht, betreibt Täterschutz auf dem Rücken der Opfer.“ Etwas vorsichtiger formulierte es Klubchef Johann Gudenus: Er wolle die Menschenrechtskonvention nicht ändern, sie aber „richtig auslegen“.

Aber auch Kickls Aussage, er habe die Menschenrechtskonvention zu keinem Zeitpunkt infrage gestellt, hält einem Faktencheck nicht stand. 2015 verschickte der damalige FPÖ-Generalsekretär eine Aussendung, in der er forderte, die Europäische durch eine Österreichische Menschenrechtskonvention zu ersetzen. Die bestehende Menschenrechtskonvention stamme aus den 1960er-Jahren (sie stammt aus den 1950er-Jahren, in Österreich kam sie 1964 in den Verfassungsrang, Anm.), sei nicht mehr zeitgemäß und bilde die Grundlage für eine „exzessive Auslegung der Asylrechte durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte“.

Das blieb keineswegs eine Einzelmeinung: Im FPÖ-Wahlprogramm für die Nationalratswahl 2017 fand sich die Forderung nach einer „Evaluierung der Europäischen Menschenrechtskonvention und gegebenenfalls Ersatz durch eine Österreichische Menschenrechtskonvention, die auch das Heimatrecht der Österreicher schützt“. Wie diese aussehen solle, hat die FPÖ allerdings nie genauer ausgeführt. In den Koalitionsverhandlungen spielte die Forderung dann aber keine Rolle mehr. (maf)
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2019)