Venezuela: Maduro setzt auf Unterdrückung

Venezuelas Oppositionsführer Juan Guaidó und seine Tochter. Das Regime wollte offenbar seine Frau abführen.
Venezuelas Oppositionsführer Juan Guaidó und seine Tochter. Das Regime wollte offenbar seine Frau abführen.(c) REUTERS (ANDRES MARTINEZ CASARES)
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Das bedrängte Regime verschärft die Repression und nimmt gezielt Journalisten ins Visier, auch internationale.

Buenos Aires/Caracas. Er hatte gerade die Grundsätze seines ökonomischen und sozialen Notfallplans verlesen, da ergriff Venezuelas Interimspräsident Juan Guaidó einen kleinen Zettel, der ihm von einem Mitarbeiter gereicht worden war, und berichtete: „In diesem Moment ist eine Sondereinheit der Polizei in meiner Wohnung. Ich mache den Bürger Nicolás Maduro für die Integrität meiner Tochter verantwortlich, die dort ist."

Vier Polizisten mit zwei Motorrädern und einem Lieferwagen ohne Nummernschild seien am Donnerstagnachmittag vor der Liegenschaft erschienen und hätten das Hauspersonal nach Guaidós Frau Fabiana Rosales gefragt. „Es ist sehr offensichtlich, was die wollen. Aber sie werden uns nicht brechen", sagte er.

Die Regierung von Nicolás Maduro ist dreifach angezählt. Durch die Proteste des Volkes, den massiven internationalen Druck und die Katastrophe in den Staatsfinanzen. Auf diesen potenziell letalen Mix reagiert sie mit der Verschärfung der Repression in all ihren Formen, auch gegen Medienvertreter. Nach Angaben der venezolanischen Mediengewerkschaft, die nun eine Beschwerde bei der UNO eingereicht hat, wurden innerhalb von einer Woche 40 Verstöße gegen die Pressefreiheit festgestellt, darunter 19 Verhaftungen von Journalisten.

Deutscher als Faustpfand

Der Spanier Gonzalo Domínguez Loeda und die Kolumbianer Mauren Barriga Vargas und Leonardo Muñoz, die für die spanische Nachrichtenagentur Efe arbeiten, waren am Mittwoch von der Geheimpolizei Sebin verschleppt worden. Nach zwölf Stunden im berüchtigten Gefängnis Helicoide wurden sie freigelassen. Ähnliches widerfuhr den französischen TV-Reportern Pierre Caillét und Baptiste des Monstiers sowie den Chilenen Rodrigo Pérez und Gonzalo Barahona. Diese vier wurden schließlich in ihre Länder zurückgeschickt. Die meisten Journalisten wurden bei der friedlichen Ausübung ihrer Arbeit verhaftet, die Efe-Reporter Domínguez und Barriga Vargas wurden gar von Sebin-Agenten aus dem Büro der Agentur in Caracas verschleppt. Im Gefängnis war den Berichterstattern jeglicher Kontakt zur Außenwelt verwehrt worden.

Besonders drastisch ist der Fall des Deutschen Billy Six, der am 17. November in einem Küstenort verhaftet wurde. Six, der seit Jahren für die rechtsnationale „Junge Freiheit" und das ultrarechte „Deutschland-Magazin" aus Krisengebieten berichtete, drohen bis zu 28 Jahre Haft. Nach Angaben von Six' Familie haben die Behörden auf dem Handy des Berichterstatters Fotos gefunden, die er bei Auftritten von Maduro angefertigt hatte, jedoch angeblich innerhalb des Sicherheitsbereichs. Die Venezolaner, die Six der Spionage beschuldigen, verwehren dem 32-Jährigen praktisch jeden Kontakt zur Außenwelt. Erst am 9. Jänner, sieben Wochen nach der Festnahme, konnte der deutsche Botschafter den Häftling ein Mal besuchen. Er könnte nun zu einem Faustpfand Maduros gegenüber der deutschen Regierung werden.

Derweil zeigt der internationale Druck auf Maduro Wirkung. Am Donnerstag erkannten die EU-Parlamentarier Guaidó als Übergangspräsident an, und am heutigen Samstag läuft das Ultimatum der EU aus, Neuwahlen zur Präsidentschaft in Venezuela anzusetzen. Die Front gegen Maduro ist derart massiv, dass offenbar auch dessen „Schutzmächte" Russland und China mit der Opposition verhandeln, wie Juan Guaidó offenbarte. In Moskau und Peking sorgen sich die Machthaber um die Bezahlung ihrer Investments in dem Karibikstaat nach einem möglichen Regierungswechsel. Allein China hat den Chavistas 60 Milliarden Dollar vorgeschossen.

15 Tonnen Gold verkauft

Wie brennend Venezuelas Finanzprobleme sind, zeigt der Verkauf eines Teils der Goldreserven an die Vereinigten Arabischen Emirate. Am 26. Jänner flog eine russische Chartermaschine drei Tonnen Gold nach Dubai aus. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters sollen insgesamt 15 Tonnen Gold aus Caracas an den persischen Golf verkauft werden. Im Gegenzug erhalten die von den US-Sanktionen bedrängten Venezolaner Dollars und Euros, um Importe bezahlen zu können.

AUF EINEN BLICK

Machtkampf. Am 10. Jänner schwor Nicolás Maduro seinen zweiten Amtseid. Das heizte die Krise in Venezuela neu an. Denn die Opposition erachtet die Präsidentenwahl vom 20. Mai 2018 für irregulär und damit für ungültig. Am 23. Jänner erklärte sich deshalb Juan Guaidó, der Vorsitzende der Nationalversammlung, zum Übergangspräsidenten. Die USA erkannten ihn sofort an, die EU wartete noch zu.

( "Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2019)

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