Tesla Model 3: Das fein gekleidete Elektrogeschoss mit integriertem Tablet

Clemens Fabry
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Das Warten hat endlich ein Ende. Anfang März startet Tesla die Auslieferung des Model 3 in Österreich. Besichtigen konnte man es zwar schon länger im Tesla-Store in der Wiener Innenstadt. Jetzt kommt das Model 3 auf Österreichs Straßen. "Die Presse" durfte eine Runde mit dem neuen Tesla drehen.

Zum ersten Mal ein Elektroauto. Zum ersten Mal in einem Tesla. Der Name hängt am Autohimmel ja schon ganz oben. Gleich neben Porsche oder Jaguar. Im Gegensatz zu Tesla haben die Traditionsmarken aber kein Elektromodell für die gehobene Mittelklasse.

Ein Elektroauto ist ungewohnt. Keine Kupplung, kein Ganghebel, kein Zündschloss und natürlich kein Motorgeräusch. Das Model 3 reduziert noch deutlich weiter. Kein Tacho, nicht einmal ein Armaturenbrett, keine Knöpfe, kein Drehregler für die Lüftung; Lüftungsgitter, an die man die Smartphonehalterung klemmen kann, gibt es nicht. Radio ist auch keines da, auch kein CD-Schlitz. Nichts. Wenigstens ein Lenkrad bietet das Auto, einen Blinkerhebel links, logisch, und einen Fahrmodushebel rechts. Punkt. Dafür wollen die fast 60.000 Euro?

Das Cockpit. Minimalismus pur. Lenkrad, ein Hebel links, einer rechts und der alles steuernde Monitor. Das war's.
Das Cockpit. Minimalismus pur. Lenkrad, ein Hebel links, einer rechts und der alles steuernde Monitor. Das war's.Clemens Fabry

Doch ein paar Knöpfe

Ganz ohne Knöpfe geht es aber doch nicht. Sie sind jedoch sehr rar gesät. Im Dachhimmel gibt es einen für die Warnblinkanlage, in den Türen ganz klassisch eingebaut die elektrischen Fensterheber. Man erkennt sie gleich und ist ein bisschen erleichtert ob der Vertrautheit. Zumindest ist das noch normal. Normale Türen, normale Sicherheitsgurte, normale Sitze mit elektrischer Verstellung, wo sie sein soll. Tesla bricht nicht mit jeder Autotradition im Model 3. Aber mit vielen.

Einen Einschaltknopf sucht man – erraten – vergebens. Das Model 3 aktiviert sich, sobald man mit der Tesla-Card aufsperrt. Einsteigen, Bremse drücken, mit dem rechten Hebel D für Drive wählen und vorsichtig aufs Gaspedal, besser gesagt Strompedal, steigen. Auf geht es zu ersten Ausfahrt, die Erdbergstraße runter in Richtung Südosttangente. Nicht zu schnell. Man muss alles erst kennenlernen. Und wie man aus Berichten weiß, soll die Beschleunigung eines Tesla gewaltig sein.

Clemens Fabry

Wie ein Passagierjet, der zur Startbahn rollt, fährt man brav durch die 30er-Zone. Auf der Lände noch zaghaft, soll man bei der Auffahrt zur Tangente auf 80 km/h beschleunigen. Als Turbodiesel-SUV-Fahrer ist man 150 PS mit rund 300 Newtonmetern Drehmoment gewohnt. Das Model 3 serviert in der Long Range Performance Edition 487 PS und über 630 Newtonmeter vom Stand weg und beschleunigt in 3,5 Sekunden von null auf 100 km/h. Ein stärkerer Druck aufs Pedal, und der Tesla schießt davon. Man wird in den Sitz gedrückt wie beim Start eines Jets. Die Augen weiten sich, fast hat man das Gefühl, das Gesicht würde einem Expresslifting unterzogen. Die Kontrolle verliert man über das Auto nicht. Wie auf Schienen fetzt der Wagen von 40 auf 90. Das ist zu schnell. Weg vom Pedal, und die Energierückgewinnung bremst das Elektrogeschoss. Schön langsam freundet man sich mit dem Auto an, gleitet durch den dichten Tangentenverkehr in Richtung Südautobahn. Das nächste Highlight ist nicht mehr weit. Denn nach der Shopping City Süd ist die 80er-Beschränkung zu Ende. Absichtlich geht man noch vor dem durchgestrichenen 80er vom Gas und will, mit Teslaritis angesteckt, nun so richtig durchtreten und den Amerikaner von 60 auf 130 hochjagen. 140 wurden es, so schnell kann man gar nicht schauen. Bitte nicht verraten.

Zu heiß gewaschen

In Guntramsdorf ist Schluss. Es wartet ein Fototermin in Wien. Also ist umkehren angesagt. Auf der Tankstelle schwebt der Tesla an den Verbrennern vorbei. Das Einzige, was das Model 3 hier tanken könnte, wäre Wasser und Frostschutzmittel für die Scheibenwaschanlage.

Der Tesla in Rot. Zu bekommen ist das Model 3 in Schwarz (Standardfarbe), Grau, Blau, Weiß und Rot. Das Glasdach ist fest verbaut, also kein Schiebedach.
Der Tesla in Rot. Zu bekommen ist das Model 3 in Schwarz (Standardfarbe), Grau, Blau, Weiß und Rot. Das Glasdach ist fest verbaut, also kein Schiebedach.Clemens Fabry

Am Parkplatz vor dem Oldtimer-Restaurant nehmen wir das Äußere unter die Lupe. Wir? Verstohlene Blicke einiger Zuschauer. Das Model 3 sieht ein bisschen aus wie ein zu heiß gewaschenes Model S. Die Linien sind ähnlich. Aber alles etwas kleiner. Das Model 3 ist um 30 Zentimeter kürzer als sein großer Bruder. Trotzdem wirkt der Wagen schnittig. Vorn ähnelt er einem Porsche. Das Design ist stimmig, elegant und sportlich zugleich. Gelungen in jedem Fall, und sieht in natura besser aus als auf den Fotos, die es haufenweise im Internet gibt. Unter der Motorhaube liegt kein Motor, sondern der sogenannte Frunk. Das ist eine amerikanische Wortkreation aus „front“ und „trunk“ (Kofferraum). Dort hat eine dicke Sporttasche Platz. Der hintere Kofferraum ist überraschend groß. In Summe laden Frunk und Trunk 542 Liter. Unter einer Abdeckung im Kofferraum haben noch dazu die Ladeutensilien Platz.

Der sogenannte "Frunk". Der vordere Kofferraum bietet schon etwas Platz.
Der sogenannte "Frunk". Der vordere Kofferraum bietet schon etwas Platz. Clemens Fabry

Innen bietet der kleinste Tesla ausreichend Platz für fünf Passagiere. Der fehlende Getriebetunnel sorgt für Beinfreiheit auch in der Mitte hinten und schier unendlichen Stauraum vorn. Was schmerzlich abgeht, sind die Haltegriffe für die Mitfahrenden. Bei der irren Beschleunigung suchen diese nämlich instinktiv nach Halt.

Die hintere Sitzreihe
Die hintere Sitzreihemare

Das Tablet

Kommen wir nun zu dem noch nicht erwähnten Herzstück des Model 3: dem 15-Zoll-Monitor. Er ist fix in der Mitte eingebaut und lässt sich nicht schwenken. Alles, wirklich alles, wird darüber gesteuert und angezeigt: vom Entriegeln der Kofferräume oder des Handschuhfachs über die Lüftung bis zu Sport- oder Normalmodus, Navigation, Radio, Scheinwerfer, Stromtankklappe. Alles wird über den Bildschirm gesteuert, auch die Außenspiegel- und Lenkradeinstellung. Das System ist einfach zu bedienen. Wer ein Smartphone, egal, ob Android oder iOS im Griff hat, versteht das Tesla-OS im Nu.

Der Monitor in der Mitte ist nicht schwenkbar.
Der Monitor in der Mitte ist nicht schwenkbar.mare

Es wird Zeit für die Rückfahrt. Der „Presse“-Fotograf hat einen engen Zeitplan, 13 Uhr ist ausgemacht. Auf dem Weg nach Wien hält sich das E-Auto-Adrenalin schon etwas zurück. So gleitet man mehr, als zu fetzen. Das soll für die Batterie, die eine Reichweite von rund 530 Kilometern verspricht, schonender sein, erklärt später ein echter Elektroautoprofi. Trotzdem, einem Touareg V6 TDI, der vorbeizischt und sich dann einbremst, um das Model 3 zu begutachten, zeigt man dann schon, was vorbeizischen wirklich heißt.

Später an einer Kreuzung in Wien, der Fotograf ist schon an Bord, hupt es nebenan, und man tauscht sich bei der roten Ampel schnell aus. „Ist das das Model 3?“, fragt der Mercedes-Fahrer. „Was kostet der?“ „Zwischen 58.000 und 70.000 Euro, je nach Ausstattung“, erklären wir.

Der Fototermin findet in der Nähe einer Schule statt. Der Fotograf will alles einfangen, außen, innen, von der Seite. Schüler spazieren vorbei. Sie fragen nicht, ob das das Model 3 sei. Sie stellen es einfach fest und zücken ihre Handys für einen Snapshot für Snapchat.

Der erste Eindruck des Model 3 ist umwerfend. Wir werden es aber einem Intensivtest unterziehen. Schafft der neueste Tesla 200 Kilometer Extrempendeln? Täglich? Im Winter? Wo lädt man und wie? Wie familientauglich ist er oder ist das Model 3 nur ein teurer Spaß? Vermisst man doch ein paar Knöpfe oder gewöhnt man sich an das Minimalistencockpit? Bald hier zu lesen.

In Zahlen

58.300 Euro kostet
die Long Range Version. Sie bietet Allrad, 560 Kilometer Reichweite und 356 PS.


69.100 Euro kostet
die Performance Version. Sie ist mit 487 PS stärker, dafür ist die Reichweite mit 530 Kilometern etwas geringer.


5300 Euro kostet
die Autopilotfunktion zusätzlich. Der Tesla soll dadurch teilautonom fahren können. (Die Funktion war im Testauto nicht verfügbar)


192.000 Kilometer
oder acht Jahre gibt Tesla Garantie auf Batterie und Antriebseinheit.

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