Briten müssten EU-Wahl abhalten, wenn der Brexit sich verschiebt

Den Stern aus der EU-Flagge zu nehmen ist nicht so leicht, wie der Künstler Banksy es darstellte.
Den Stern aus der EU-Flagge zu nehmen ist nicht so leicht, wie der Künstler Banksy es darstellte.APA/AFP/GLYN KIRK
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Immer neue Probleme: Wenn der Brexit zu spät kommt, kann die EU-Wahl nicht ignoriert werden. Sonst könnten Bürger klagen, denen das Wahlrecht vorenthalten wurde.

Bei einer Verschiebung des Brexit um mehr als drei Monate müsste Großbritannien nach geltendem Recht an der Europawahl im Mai teilnehmen und erneut Abgeordnete bestimmen. Das gehe aus den EU-Verträgen ganz klar hervor, sagte eine Sprecherin des Europaparlaments am Samstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Brüssel.

Zuvor hatte das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" aus einem Gutachten des Parlaments von 2017 zitiert: "Sollte das Vereinigte Königreich in der Zeit der Europawahlen noch Mitglied der EU sein, hätte es die Pflicht, Wahlen abzuhalten, um vor der Einsetzung des Parlaments Abgeordnete zu bestimmen." Die Parlamentssprecherin bestätigte, dass andernfalls Klagen von Bürgern zu befürchten seien, denen das Wahlrecht vorenthalten worden sei.

In Großbritannien wird zunehmend spekuliert, dass die Regierung eine Verschiebung des Austrittsdatums 29. März beantragen könnte. Das müssten die 27 verbleibenden EU-Staaten einstimmig billigen. EU-Ratschef Donald Tusk hatte zuletzt erklärt, man sei offen dafür, dies zu erwägen. Allerdings werde die EU darauf achten, dass ihre Institutionen weiter funktionierten.

Das Europaparlament wird von 23. bis 26. Mai neu gewählt. In Österreich findet die Wahl am 26. Mai statt. Die neuen Abgeordneten treten Anfang Juli erstmals zusammen. Eine Verschiebung des Brexit bis zur ersten Parlamentssitzung gilt als unproblematisch. Sollte Großbritannien danach noch Mitglied sein, müsste es auch Vertreter im Parlament haben.

Parlamentarier ohne Wahl bestimmen?

"Der Spiegel" berichtet unter Berufung auf die Parlamentsspitze, die Briten könnten womöglich für einen bestimmten Zeitraum auch Parlamentarier ohne Wahl bestimmen und nach Brüssel schicken. Vorbilder dafür gebe es, so etwa nach dem EU-Beitritt Österreichs. Die Parlamentssprecherin sagte der dpa jedoch, in den EU-Verträgen sei das bei einem regulären EU-Mitglied nicht vorgesehen.

Wäre Großbritannien zu Beginn der neuen Legislaturperiode ab 2. Juli noch EU-Mitglied, würde automatisch die für den Brexit beschlossene Verkleinerung des EU-Parlaments von derzeit 751 auf 705 Sitze nicht stattfinden. Österreich hätte dann auch weiter 18 EU-Mandatare in Straßburg, und nicht die aufgrund demografischer Entwicklungen beschlossene Anpassung auf 19 Sitze. Erst zu dem Zeitpunkt, zu dem der EU-Austritt Großbritannien rechtswirksam wird, würde die neue Sitzverteilung wirksam. So haben es die EU-Staats-und Regierungschefs in ihrem Beschluss des Europäischen Rates über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments vom 28. Juni vergangenen Jahres geregelt.

Grundsätzlich muss ein EU-Mitgliedsland nach den EU-Verträgen die Teilnahme an Europawahlen sicherstellen, auch wenn die Durchführung großteils national geregelt ist. Beim Wahltag haben die EU-Staaten auch nur einen begrenzten Spielraum: Gemäß des betreffenden Akts aus dem Jahr 1976 findet die Wahl zum Europäischen Parlament zu dem von jedem Mitgliedstaat festgelegten Termin und zu den von ihm festgelegten Uhrzeiten statt, wobei der Termin in einen für alle Mitgliedstaaten gleichen Zeitraum von Donnerstagfrüh bis zu dem unmittelbar nachfolgenden Sonntag fällt.

(APA/dpa)

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