Touristische Monokultur

Soziologisch schlimm wird es erst bei touristischer Monokultur.
Soziologisch schlimm wird es erst bei touristischer Monokultur. APA/AFP/MIGUEL ROJO
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Heute wird zurechtgerückt: Ich preise die Deutschen, raunze über Landsleute und drohe mit Quoten.

Reisen wir diesmal nach Deutschland. An einen schönen Ort, wo Deutsche unter sich sind, nach Tübingen oder Sylt. Erleben wir coole, gewandte, gut gekleidete Menschen. Dort, wo sie leben und gut hinpassen. Was das soll? Ich leiste Abbitte, aber von Herzen. Zuletzt habe ich über Wanderinseln wie La Palma geraunzt, weil sich dort nur Deutsche tummeln. Es gab kaum Protest, weil noch zu wenige Preußen die „Presse“ lesen. Aber kräftiges Schulterklopfen von Landsleuten tat mir weh.

„Bravo, wir mögen die Deutschen auch nicht“ – oh nein, so war das doch nicht gemeint! Germanophobie ist mir gänzlich fremd. Meine besten Freunde sind. . . aber lassen wir das. Rücken wir lieber zurecht: Horden von Österreichern in Istrien oder Friaul sind nicht gleich schlimm, sondern schlimmer. Und man komme mir nicht mit „Nestbeschmutzer“. Es geht ja um Leute, die ihr Nest verlassen und sich in der Ferne zusammenrotten. Solang ihre Provenienz breit gestreut ist, neutralisieren sie sich.

Sie bleiben die harmlosen, leicht verlorenen und uncoolen Gäste, die gern so souverän wie die Einheimischen wären und sich mit Demut an ihnen orientieren. Soziologisch schlimm wird es erst bei touristischer Monokultur. Lauter Briten an der Costa Blanca, lauter Amis an Mexikos Stränden: Da geht auch der Charakter der Orte baden. Reiseziele werden zu Kolonien, Touristen zur Besatzungsmacht. Sie treten dann auf, als gehörten sie da hin, und wirken doch nur deplatziert, wie schlechte Statisten im falschen Film. Mein Appell an alle Nationen: Diversifiziert euer Reiseportfolio! Sonst bleibt nur noch die Quote.

karl.gaulhofer@diepresse.com

Nächste Woche: Gabriel Rath

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2019)

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