Jobbik: „Die EU hat Ungarn mehr nötig als wir die Union“

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bdquoDie Ungarn mehr noetig(c) AP (Bela Szandelszky)
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Die rechtsextreme Europaabgeordnete Krisztina Morvai rechnet mit einem Wahlerfolg von Jobbik.

„Die Presse“: Sie wurden ins Europaparlament gewählt. Aber Sie scheinen Ihren Job nicht zu mögen. Oder wie ist es zu erklären, dass Ihre Partei Jobbik für Ungarns Austritt aus der EU kämpft?

Krisztina Morvai: Wir sind nicht unbedingt für den Austritt aus der EU. Aber wir sind gegen die Schaffung eines europäischen Imperiums. Wir sind dagegen, die Nationalstaaten ihrer Entscheidungsbefugnisse zu berauben und den EU-Institutionen zu übertragen. Es gibt keine Kontrolle über die EU-Kommission, das ist undemokratisch.

Im Wahlkampf bekräftigen Jobbik-Politiker, dass Ungarn die EU keineswegs nötig habe. Sind Sie nun für oder gegen die EU-Mitgliedschaft Ungarns?

Morvai: Ich bin europaskeptisch, aber habe die Hoffnung, dass wir die EU verändern können. Doch wenn wir das 2011 auslaufende Moratorium zum Landverkauf nicht neu verhandeln können, dann sollte Ungarn die EU verlassen. Wir dürfen unser Land nicht preisgeben. Die EU hat Ungarn mehr nötig als wir sie.

Jobbik kämpft für die Rechte der ungarischen Minderheit in den Nachbarländern. Aber die Minderheiten in Ungarn haben Angst vor Jobbik. Wie kommt das?

Morvai: Das müssen Sie schon die Leute selbst fragen. Was die jüdische Gemeinschaft angeht: Jobbik hat auch jüdische Mitglieder. Und es gibt immer noch Juden in den jüdischen Vierteln von Budapest, die in Armut leben, weil alle Mittel für die Überlebenden des Holocaust von den völlig korrupten Organisationen eingestrichen werden, die sie repräsentieren sollten. Dasselbe gilt für korrupte Roma-Verbände, die nur an ihr eigenes Wohl statt an das ihrer Leute denken.

Jobbik wird als antisemitisch, rassistisch, nationalistisch und populistisch kritisiert. Wie würden Sie die Partei beschreiben?

Morvai: Wir sind eine patriotische Partei. Bei uns stehen die Menschen und ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt und nicht der Profit und das Geld.

Aber dienen Ihre Ausfälle gegen angebliche Roma-Mafia-Machenschaften und die Roma-Kriminalität nicht vor allem als populistische Instrumente zum Stimmenfang?

Morvai: Jemand muss das Thema der Kriminalität ansprechen. Die Polizei ist mit der Lage überfordert. Und nur wenige Leute sind privilegiert genug, Sicherheit für sich selbst finanzieren zu können. Doch man kann die Millionen von Menschen, die sich das nicht leisten können, nicht ungeschützt sich selbst überlassen.

Was sind Ihre Erwartungen für die Wahlen?

Morvai: Ich halte einen Stimmenanteil von 25 bis 30 Prozent für vorstellbar. Die Medien haben sich gegen uns verbündet – egal, ob sie links oder rechts sind. Sie denken sich alle möglichen Skandale über uns aus. Da wird dann behauptet, dass ich lesbisch oder pädophil sei.

Sollten die Konservativen die angestrebte Zweidrittelmehrheit der Sitze verpassen, wären Sie dann zur Kooperation bei den geplanten Verfassungsänderungen bereit?

Morvai: Ja, aber das hängt von den Themen ab. Die Orbán-Partei war zum Beispiel eine der Ersten, die sich für die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags aussprachen. Das ist etwas ganz anderes, als was wir wollen, da werden wir auch nicht kooperieren. Aber beim Kampf zur Verlängerung des Moratoriums über den Landverkauf an Ausländer werden wir eine Verständigung suchen. Wir werden versuchen, unsere Position dazu zu nützen, die Konservativen in eine Richtung zu bugsieren, die gut für Ungarn ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2010)

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