Vanessa Herzog, 23, peilt im bayrischen Inzell ihre erste Medaille bei einer Weltmeisterschaft an. Selbst Gold scheint keine Illusion, denn: „Vanessa ist so gut wie noch nie“, sagt Ehemann und Trainer Thomas Herzog.
Inzell/Wien. Bei der Eisschnelllauf-Weltmeisterschaft im deutschen Inzell greift Vanessa Herzog am Freitag (500 m) und Samstag (1000 m, jeweils live in ORF Sport plus) nach ihrer ersten WM-Medaille und genießt gewissermaßen Heimvorteil. Denn in Inzell dreht die gebürtige Innsbruckerin seit Jahren ihre Trainingsrunden, Zigtausende waren es schon. Die Bahn in Bayern kommt Herzog entgegen, „es ist die schnellste Bahn Europas“, sagt Ehemann und Trainer Thomas Herzog im Gespräch mit der „Presse“.
Je schneller eine Bahn, je härter das Eis, desto wohler fühlt sich die 23-Jährige. Thomas Herzog spricht von Inzeller „Sahneeis“, es „rutscht ohne Ende, du gleitest dahin“. Die Zuversicht vor dem Saisonhöhepunkt ist groß, die Form exzellent. „Vanessa ist so gut wie noch nie“, behauptet Thomas Herzog. Im Vergleich zur Vorsaison läuft die Wahl-Kärntnerin pro Runde knapp eine halbe Sekunde schneller. Der Grund: Im Sommer wurde mit einem Leichtathletikcoach auf der Tartanbahn gezielt am Start getüftelt. Herzog wäre in der Tat auch eine starke Sprinterin, sie läuft die 100 m in 11,9 Sekunden.
In Inzell wird über 500 m, Herzogs stärkster Disziplin, ein Zweikampf mit der Japanerin Nao Kodaira erwartet. Kodaira, eine Koryphäe auf dem Eis, ist auf dem 500er seit bald drei Jahren beziehungsweise 37 Rennen unbesiegt, kassierte ihre jüngste Niederlage auf dieser Distanz am 12. März 2016. Herzog aber setzte ihre Dauerrivalin zuletzt verstärkt unter Druck. Mitte Dezember beim Weltcup im niederländischen Heerenveen fehlten Herzog sechs Hundertstelsekunden, am vergangenen Wochenende beim ersten Lauf über 500 m in Hamar, Norwegen, zwölf Hundertstelsekunden. Zum zweiten 500er trat Kodaira nicht mehr an, weil sie es vorzog, frühzeitig in Inzell zu trainieren – Herzog gewann.
Stiller Traum von Gold
Die Tatsache, dass Kodaira seit einer halben Ewigkeit unbesiegt ist, hinterlässt bei der Konkurrenz dennoch Eindruck. Thomas Herzog nennt die 32–Jährige in einem Atemzug mit den Skistars Marcel Hirscher und Mikaela Shiffrin, er sagt: „Um sie zu schlagen, muss schon alles passen.“ Wenn Kodaira aber einen optimalen Lauf erwische, sei sie praktisch unbesiegbar. Vanessa Herzog träumt von Gold, es als Ziel auszugeben, wäre allerdings „vermessen“, sagt Thomas Herzog. „Einmal pro Tag aufs Eis, Krafttraining, kurze Sachen, mehr Geschwindigkeiten trainieren. Schnell und spritzig werden“, umschreibt die Eisschnellläuferin ihr Programm in den Tagen vor dem WM-Auftakt.
EM-Gold am zweiten Jännerwochenende in Klobenstein habe ihr Selbstvertrauen und Zuversicht gegeben, „ich bin konstant wie noch nie und komme immer besser ins Laufen.“ Ihre Leistung in Hamar habe sie darin trotz der knappen Niederlage gegen Kodaira nur bestätigt. „Ich bin nach ihr aus der Kurve gekommen, bin ihr dann aber immer näher gekommen. Das haben sie schon gemerkt.“ (cg)
EISSCHNELLLAUF-WM PROGRAMM
Donnerstag (ab 16 Uhr) – Team-Sprint Damen und Herren, 3000 m Damen, 5000 m Herren
Freitag (16.15 Uhr) – 500 m Damen (Herzog) und Herren, Teamverfolgung Damen und Herren
Samstag (13.15 Uhr) : 5000 m Damen, 1000 m Herren und Damen (Herzog), 10.000 m Herren; Sonntag (14.30 Uhr) – 1500 m Damen und Herren, Massenstart Damen und Herren
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2019)