Väterkarenz. Niemand leidet mehr unter dem Ausfall einer Schlüsselkraft als Kleinbetriebe und Start-ups. Genau sie begrüßen aber den Papamonat. Sechs Argumente aus der Wirtschaft.
So viele waren es gar nicht. Gerade einmal 6070 Papas beanspruchten seit 1. März 2017, also seit fast zwei Jahren, einen Papamonat (offiziell: Familienzeitbonus).
Doch nun, da das Recht darauf gesetzlich verankert werden soll, nun gehen die Wogen hoch. Jedenfalls politisch. Die Unternehmen sind entspannt bis hocherfreut. In einer – keinesfalls repräsentativen – Blitzumfrage sprühen gerade die kleinen, die einen Ausfall am deutlichsten spüren würden, vor Ideen. Und liefern sechs Argumente, warum die Diskussion ein Sturm im Wasserglas ist.
1. Die meisten Babys kommen nicht unerwartet.
Eltern in spe gehen mit der Frohbotschaft meist nach dem dritten Schwangerschaftsmonat nach außen. Bleibt ein halbes Jahr, um sich auf den Ausfall einzustellen – mehr als bei vielen Krankenständen.
2. Ein Papamonat dauert kaum länger als ein längerer Urlaub.
Laut Entwurf sollen die Neopapas 31 Tage wegbleiben dürfen. „Kaum länger als ein Urlaub“, unkt Jan Pichler, Gründer der Jobplattform MyVeeta (zehn Mitarbeiter). „Unser Head of Sales war zur Hochsaison drei Wochen in Indonesien. Es hat auch funktioniert.“ Wie? „Wir sind zusammengerückt.“ „Tit for tat“: Was man für einen Kollegen macht, macht er auch für einen selbst.
3. Konstruktive Ideen: Drei Unternehmer, drei Ansätze.
„Wir greifen auf freie Kreative zurück“, sagt Karl Heinz Pacher, Chef der Kreativagentur Havas (30 Mitarbeiter). Die Gig Economy biete ihm für jede Anforderung passende Kreative und Projektmanager.
Auch Zeitarbeit füllt temporäre Lücken. Erich Pichorner, Bundesvorsitzender der Personaldienstleister in der WKÖ, überschlägt die Kosten: „Dasselbe, was der Stammmitarbeiter verdient, plus im Schnitt 20 Prozent Aufschlag, je nach Qualifikation und Verfügbarkeit.“ Etwa ein Drittel aller Zeitarbeiter bleibe kleben – gut für jene, die ohnehin aufstocken wollten.
MyVeeta-Chef Pichler erwägt Personalsharing: „In Wien gibt es andere HR-Techfirmen, die für uns keine Konkurrenz sind. Man kennt sich. Wir würden uns gegenseitig Personal borgen.“ Arbeitnehmer wünschten sich ohnehin mehr Flexibilität: „Ein guter Anlass, darüber nachzudenken.“
4. Der junge Papa ist nicht aus der Welt.
Ein Monat ist nicht lang. Der Jungvater hat selbst lebhaftes Interesse daran, eine reibungslose Passage zu gestalten. Und er ist nicht aus der Welt. Mails checken, während das Baby auf dem Bauch turnt, Wichtiges geringfügig angemeldet nachts erledigen – was Zigtausende Mamas schaffen, packt Papa auch.
5. Die meisten Kunden sind auch nur Menschen.
Babys schlagen Brücken. Wer je erlebt hat, wie zwischenmenschliche Dämme brechen, wenn von einem Baby die Rede ist, der weiß: Die Kunden werden einen Monat Absenz verzeihen. Vor allem, wenn dieser gut organisiert und kommuniziert ist.
6. Frauen haben das schon immer vorgelebt.
Bei Mtop, einem Social-Start-up zur Vermittlung geflüchteter Akademiker, arbeiten sieben Frauen und ein Mann, dieser allerdings in exponierter Position. „Wir würden uns einfach freuen“, sagt Kogründerin Lisa-Maria Sommer. Im Fall des Falles würde er seine Kolleginnen einschulen und trennen, was er machen muss, was delegiert werden kann und was liegen bleiben darf.
„Nicht anders, als Frauen das immer schon machen. Nur sie bleiben zwei Jahre in Karenz.“ Der Papamonat könnte auch gesellschaftlich einiges bewegen. Wer ihn erlebt, bekommt eine Vorstellung davon, wie es Frauen beim Wiedereinstieg geht. Und erspart ihnen vielleicht den Karriereknick.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2019)