Ein Zwergstaat macht Weltpolitik

Der Vatikan: Ein Zwergstaat feiert Geburtstag. Am 11. Februar 1929 wurden zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Königreich Italien die Lateranverträge abgeschlossen.
Der Vatikan: Ein Zwergstaat feiert Geburtstag. Am 11. Februar 1929 wurden zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Königreich Italien die Lateranverträge abgeschlossen.(c) Getty Images/EyeEm (Anh Vu Nguyen / EyeEm)
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Vor 90 Jahren wurde mit den Lateranverträgen der Vatikanstaat geschaffen. Die weltliche Macht des Papstes beruht aber auf einem anderen Konstrukt. Das ist einmalig – und kompliziert.

Briefmarkenfreunde, die nach Rom kommen, verschicken ihre Postkarten an die Daheimgebliebenen traditionell nicht aus Italien. Wer schon einmal in der ewigen Stadt ist, will auch eine besondere Marke auf seine Post kleben – die des Vatikans. Drei Postämter des sonst so abgeschirmten Kleinstaates sind für die Öffentlichkeit zugänglich. Wird die Post korrekt in einen der gelben und nicht in die italienischen roten Briefkästen gesteckt, erhält sie den offiziellen Poststempel des Vatikanstaates.

Das alles ist nicht etwa zur Belustigung der rund fünf Millionen Touristen eingerichtet worden, die jährlich den Vatikan besuchen. Die Postämter sind, wie auch die eigenen Münzen, die Banken, die Gerichte und das kleine Gefängnis mit nur zwei Zellen, Ausdruck der Souveränität des Vatikanstaates, der in diesen Tagen 90 Jahre alt wird.

Die Päpste verfügten schon vorher über einen eigenen Kirchenstaat, bis Italien ihnen diesen im Zuge der italienischen Einigung entzog. Um einen Nationalstaat zu schaffen, wurde Rom 1870 von der italienischen Unabhängigkeitsbewegung besetzt und der Kirchenstaat aufgelöst. Erst am 11. Februar 1929 bekam der Papst mit der Unterzeichnung der Lateranverträge wieder ein eigenes Territorium. Nur wenige Wochen nach der Unterzeichnung trat der Vatikanstaat dem Weltpostverein bei. 85 Briefmarkenausgaben wurden seither in Umlauf gebracht.

Absoluter Monarch. Doch ein Staat wie jeder andere ist der Vatikan, der so idyllisch auf einem Hügel nordwestlich des antiken Roms thront, bei Weitem nicht. Er erfüllt zwar mit seinen 0,44 Quadratkilometern Fläche und seinen rund 1000 Staatsangehörigen die rechtlichen Voraussetzungen eines Staates, ist aber dennoch ein Unikum. Denn der Papst ist nicht nur das Oberhaupt über mehr als eine Milliarde Katholiken weltweit, und der letzte absolute Monarch Europas, sondern auch ein auf der Weltbühne hoch angesehenes Völkerrechtssubjekt. Allerdings nicht der Papst als Person oder als Staatsoberhaupt, sondern das Papstamt selbst. Ja, spätestens hier wird es kompliziert.

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